Mittwoch, 8. Mai 2013

gespürt


ein Staunen, wie aus einem nebeltrüben Morgen ein solch lichtvoller Tag geboren werden kann

die Geborgenheit meiner Studentenstadt, von deren Gassen ich mich heute mit offenen Armen empfangen fühle

eine stille Freude, dass ich wehmutfrei zurückzublicken vermag, und dass ich dabei durch neu- und weitgeöffnete Augen schaue

und eine etwas lautere Freude, dass sich Menschen, die ich eine Zeitlang begleiten durfte, auf gute Wege begeben haben

die Dankbarkeit - immer wieder - mit wie vielen wunderbaren Menschen ich zusammenarbeite: wie viel Geschenk darin liegt

der - ja, ich wage es kaum zu sagen, aber doch: Stolz - ja: Stolz, es geschafft zu haben, mir nicht die Verantwortung aufzuladen, die meine nicht ist - zweimal gleich wurde mir dies heute bewusst

den frühlingsgrünen Wind im Gesicht - als ich nämlich auf der Rückfahrt den Zug verpasst hatte (ich glaube, ich habe ihn ein bisschen mit Absicht verpasst:)) und mein Rad mich über lange Fluss- und Feldwege nach Hause brachte

die Nachricht, die tief trifft, und noch eine, die mich glucksend lachen macht - beides, beides nebeneinander, ineinander, beides als Eines - vielleicht - so gehört es zusammen

den Frieden eines Abends, an dem die Kinder zwar das Konträrste von mir wollen und pausenlos streiten (sie streiten irgendwie immer!), aber doch letztlich jeder seinen Ort findet, und ich rückenkraulend-vorlesend-nochschnelleinschulproblembesprechend-diesachenfürdasmorgenbeginnendemathecamppackend den Tag ausatmen darf

die Stille im Haus - jetzt

die Stille im Haus - jetzt immer noch

die Stille.

Manchmal weiß ich gar nicht, wie ich danken soll.

Sonntag, 5. Mai 2013

neusuchend

Etwas scheu noch streife ich um meine neugewonnenen Stunden, beäuge sie von allen Seiten, wage mich kaum zu nähern, geschweige denn hineinzubegeben. Immer noch wie getrieben, im Nachhall der vergangenen Hochleistungsmonate, deckele ich jede freie Minute zu - bediene mich aus der langen Liste von Liegengebliebenem (obwohl nichts davon mehr drängend und dringend ist), verkrieche mich in mein Bett (obwohl ich schon lange ausgeschlafene Nächte hinter mir habe), lese schnell einen Roman (obwohl ich mich ihm nicht nahe fühle), flüchte mich in dies und das. Obwohl - ja was: obwohl? - obwohl ich jetzt zu mir zurückkehren könnte?

Wo ist das überhaupt - zu mir, bei mir???
Und wo war ich in all den Monaten - wenn nicht bei mir???
Fremd und nicht durchsichtig fühlt es sich rückblickend an - matt und betäubt und blind und duftlos und gefangen und nichtentfaltet ...
Jedes dieser Worte über mein Ich der letzten Zeit brauchte jetzt ein paar Minuten, sich hier auf's Papier zu setzen. Keines davon kann ich wieder löschen, will ich nicht ein Bild zeichnen, mit dem ich mich selbst täusche.

Etwas scheu noch schreibe ich das hier nieder, beäuge diesen altvertrauten Schreibraum, wage mich kaum zu nähern, geschweige denn hineinzubegeben. Zwischen einer Zeile und der nächsten vergehen luftstarrende Minuten. Tapse wie durch zähen Schlamm. Ich bin noch nicht wieder hier.
Andererseits - war ich weg? Wo? In einer Kapsel?

Aus dem Stummschweigen heraus suche ich nach Worten. Neugewonnene und altvertraute Stimmhaftigkeit, als augenöffnende Begleiterin - wenn ich mir etwas wünschen dürfte. Vorerst suche ich noch. Suche mit Zuversicht zwar, mit lichtfunkelnder Ahnung, doch ich werde Geduld brauchen. Viel Geduld.