Mittwoch, 30. September 2015

Erfüllende Zerrissenheiten


Warum es hier schon so lange still ist?
Seit meinen Sommerreisen sind kaleidoskopbunte Tage, Wochen mittlerweile vergangen. Ein roter Faden dieser Zeiten wird mir nicht sichtbar, möglicherweise gibt es gar keinen. Alles verwürfelt sich miteinander. Ein neues Schuljahr bricht sich Bahn. Das Würfeln und das Brechen knirschen und rütteln - innerlich wie äußerlich.
Zuweilen überfordert es mich, wirft mich in Unruhe, zerrt an mir, und zehrt. Voll und übervoll, zum Dürsten und Sehnen nach Leerwerden.
Nicht leicht finden sich Worte dies auszudrücken. Zumal meine Sucht, in einen jeden Text Struktur, Linie und Form zu bringen, vor diesem Potpourri an Lebenseruptionen unweigerlich resignieren muss.

Ob das also geht: von der Fülle erzählen?
Ein Kind wird groß und größer, verheddert sich schon wieder im Gestrüpp seiner vielen selbstgewollten Lebensdinge - ein Mutterschaftstest erübrigt sich:) - und arrangiert sich noch schwer mit der pubertierenden Selbstständigkeit. Wohin diese sich in den nächsten Monaten auswachsen wird? Es bleibt spannend.
Das andere Kind wird auch groß, besucht stolz und lebensstrahlend die neue Schule, und seine überbordene Freude fordert inneres wie äußeres Beteiligtsein. Eine Hand wird gebraucht und ergriffen, damit die Suche nach neuen Freundinnen, nach Schlafruhe im aufregenden Landheim und nach der eigenen Rolle an der großen Schule gut begleitet sind.
Mit dem neuen Schuljahr greift auch meine Schule neu nach mir, wie immer zu Beginn eines Jahres. 90 neue Schüler fordern. Und beglücken. All diese sich öffnenden Türen.
Unser Haus ist voller sich die Klinke in die Hand gebender Besucher. Eine Gastfamilie, und dann noch eine. Eine Freundin in diesem Bett, eine in jenem. Ein Übernachtungskind, und noch eines.
Musik fließt allmählich in das Gefäß des neuen Jahres, ein Überhythmus stellt sich ein, wir alle auf unseren vielen Instrumenten.
Und die Dinge, die anfassbaren, wollen mittanzen. Sie tun es. Gehen kaputt oder verloren. Sind zu klein geworden oder verbraucht. Stellen sich quer oder in den Weg. Haben vielleicht im Moment die Aufgabe, für ein wenig Haftung an Alltäglichem zu sorgen. Zu viel Haftung schon, quasi Bodenleim, verschaffen die lebensverwaltenden Nervigkeiten. Steuer, Krankenversicherung, Beihilfe und wie sie alle heißen. Auch das ist Teil des satten Alles.
Von hier in gedanklichem Salto zum anderen Ende der Fülle-Skala gesprungen: Eine kurze Reise hielt und hält mich dieser Tage in ihren warmen Netzen. Und das staunenmachende Bild des roten Mondes lässt Kälte vergessen.
...
Lese ich diese Aufzählung, kommt sie mir unbeholfen vor. So dass ich mit hochgezogenen Schultern und eingezogenem Kopf denke, ich hätte besser gar nichts geschrieben.
Wie soll man solche Tage auch in der Draufsicht erzählen? Eine Lupe, ein Eckchen hier, ein Zipfelchen dort, ein Sezieren mit Blicken wäre passender gewesen.
Und doch steht nun alles hier, unverbunden aufgereiht. Peng.
Ein Herumgekratze auf den äußeren Gegebenheiten ist das. Oberfläche? Gern würde ich ein überzeugtes Nein hierherschmettern. Es gelingt mir nicht. Ich spüre selbst den Mangel an Innerlichkeit bei meinem hamsterradähnlichen Tun auf allen Ebenen. Das meditative Gefühl im Teetassenspülen macht sich rar, die Ahnung, dass und wie der immerwährende Spagat aufzulösen sei, ebenfalls.

Mein Spagat - und das ist das schwer Lösbare - besteht ja nicht zwischen Polaritäten, wie sie im neudeutschen Wort Work-life-balance so hässlich ausgedrückt werden. Es sind alles Herzensdinge, die mich manchmal schier zerreißen. Von allem etwas - das ist mir nicht genug. Alles ganz will ich. Meine Lebensnahrung. Das ist auch mein Schulsein, mein Familiensein, mein Alltägliches. (Gut, bis auf die Steuer vielleicht.)
Wieviel es da gibt. Soviel, und noch viel mehr. Gespürt ganz intensiv auf dem Begegnungsfest der Herzen, überwältigt vom Reichtum des Lebens und seiner Menschen, der Menschen und ihres Lebens. So beglückt kehrte ich zurück. Der Aufprall hier tut fast schon weh.

Wirklich, jetzt weine ich. Warum, weiß ich gar nicht genau.

Freitag, 4. September 2015

Wichtiglinks


Mich lähmen diese Ereignisse. Was in der Reisezeit schon schwierig war, ist mir nun gänzlich unmöglich: Einfach von irgendetwas zu plaudern. Einfach ein Buch lesen, wo es um irgendetwas geht. Einfach meine kleinen persönlichen Befindlichkeiten vor mir selbst und anderen auszubreiten.
Doch, ja, wir leben hier weiter. Lachen mit den Kindern, sind viel bewusster als sonst dankbar für das, was wir haben, gestalten unsere Tage bunt und farbenreich, begegnen einander. Und das alles ist wichtig. Sich der Lähmung nicht hingeben. Und sich um sich selbst kümmern, scheinen die Befindlichkeiten noch so nichtig zu sein. Wenn ich selbst nicht hell bleibe, kann ich nicht nach außen strahlen. Niemandem würde das nützen.
Aber dringlicher als je nagen in mir Hilflosigkeit, und Hand in Hand damit die konkrete Suche nach Möglichkeiten, unser Glück, das wir geschenkt bekamen, weil wir gerade hier leben dürfen, und in der jetzigen Zeit, wenigstens im Kleinen zu teilen. Abzugeben. Weiterzuschenken. Mitanzufassen.
Da sind einige ganz konkrete Ideen in meinem Kopf. Wenn ich am Montag wieder zu Hause bin, bleibt noch eine ganze Ferienwoche, um mich diesen intensiv zu widmen. Damit jedenfalls anzufangen.

Und hier teile ich ein paar Links. Texte, die mir auf verschiedenen Ebenen in den letzten Tagen wichtig waren. Die ich gern weiterverbreiten möchte, aus meiner eigenen Sprachlosigkeit heraus.

Da ist zunächst die Aktion Blogger für Flüchtlinge - denn ja, es braucht Geld. Auch privat gespendetes Geld. Ganz viel. Zusammengesetzt aus ganz vielen Wenigs.

Ein augenöffnender Artikel über die Vorboten der neuzeitlichen Völkerwanderung.

Dazu sehr passend ein Blick von Frau Meike auf das Globale, welches wir - spätestens jetzt und hoffentlich - nicht mehr länger und für immer ausblenden können. Viel Weises in diesem Artikel.

Ein Post mit vielen Hintergrundinformationen zum Land Syrien, welches bisher, bevor ich dies las, immer nur ein entfernter Fleck auf der Landkarte war. Ich wusste all das nicht.

Und Hintergrundinformationen zum Lande Sachsen, das sich dieser Tage so oft in den Schlagzeilen findet. Auch die Kommentardiskussion sehr interessant.

Nicht unwichtig die Frage, ob und wie man mit Menschen ins Gespräch kommen kann, welche auf der anderen Seite der Argumentationsskala agieren. Denn wir wohnen hier alle zusammen in einem Land, in einer Stadt, in einem Dorf. Auch die, welche tief im Innern vielleicht am liebsten mitanzünden würden. Vielleicht werde ich solchen demnächst in meinem Lehrerzimmer begegnen, in der Nachbarschaft, auf dem Klassentreffen - wer weiß? Einfach nur sich moralisch überlegen fühlen ist keine Lösung. Es braucht Worte.

Und es braucht aufrüttelnde Bilder; hierzu noch einmal Frau Meike. Warum der Unterschied zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen ein nur von uns konstruierter ist: Ein Kind, sie zu beschämen.

Sehr sehr viel weiter gedacht, über die aktuelle akute Situation hinaus: Welche Aufgaben stehen auf lange Sicht vor uns?

Und nicht zuletzt hat Maximilian Buddenbohm Texte zum Thema zusammengestellt: hier und hier.
(Ich habe noch nicht geschafft alle zu lesen, aber ich bin sicher, dass man bei ihm - wie immer - nichts falsch macht, seine Links anzuklicken.)

im August


Der Monat ist vorbei, und - mensch - da war doch meine Rubrik Monatsblicke, in der ich immer meine Monate zusammengeschrieben habe. Ganz vergessen. Ferienzeit ist AusdemKalenderfall-Zeit. Und das gegenwärtige Ringsum, das einen täglich mit neuer Heftigkeit erschüttert, das lähmt meine Worte.
Also der Vollständigkeit halber in ultrawenigen Worten das Viele, das da war:

Urlaubsvorbereitung - mit Kranksein an Hals und Auge und mit viel viel Packen
Urlaub - URLAUB!
Urlaubsnachbereitung - vor allem innerlich, denn wenige Stunden nach der Radtour geht es schon wieder zu Besuch nach Berlin, wo das Monatsende aus einem Geburtstagsvorabend besteht. Doch davon wird der September erzählen.