Donnerstag, 31. Dezember 2009

Zur Silvesternacht

Schon längst habe ich aufgehört, jedes Jahr aufs Neue unverbesserlich zu geloben, nun aber ganz gewiss ganz vieles ganz anders und ganz sehr besser zu machen ...
Nun ja, insofern ist dieser Spruch zu spät für mich, aber ich freu(t)e mich dennoch, ihn aus so prominenter Feder zu lesen ;-))


… und ihn dann hier weiterzugeben,
wovor mich aber eine liebe Bloggerin eindringlich warnte,
wollte ich nicht ein kleineres oder größeres Sümmchen Geldes dafür blechen.
Nun, das will ich natürlich nicht
(wäre ja auch ein blöder Jahresanfang ,-)),
also beschränke ich mich darauf zu zeigen,
dass man es hier (anklicken!) nachlesen kann.
(Ob der dann wohl auch Strafe zahlen muss, den ich jetzt hier verlinke?)




Ich wünsche uns allen einen Jahreswechsel,
der statt mit guten Vorsätzen überladen
von einem sanften Hauch der Zuversicht berührt
und von winzigen Tröpfchen Vertrauens benetzt wird.

Ich wünsche uns, dass uns unsere Schritte in 2010
gute Wege entlang führen werden.

Aufgefangen

So kann ich diesen Text im zweifachen Sinne nennen:
Er wurde mir von wer weiß woher zugespielt, ich habe ihn wie einen Ball aufgefangen.
Er war gar nicht das Thema meines langen Gesprächs mit den Freunden eben, und er entsprang doch daraus.
Und ich fühle mich aufgefangen, in dem, was mich so sehr beschäftigt.


Natürliche Spiritualität

Versuche nicht,
deinen Kindern eine Religion beizubringen.
Lehre sie lieber,
das Wunder des Lebens
in all seinen Ausdrucksformen zu bestaunen.
Eine natürliche Spiritualität
wächst und gedeiht in ihrem Herzen.
Indem du ihnen eine Religion beibringst,
machst du sie abhängig
von den Worten anderer.
Lernen deine Kinder hingegen,
auf ihre eigenen Erfahrungen zu bauen,
werden sie niemals fehlgehen.


(aus dem „Tao te King für Eltern“)


So sollte ich wohl ein wenig mehr Vertrauen haben …

Mittwoch, 30. Dezember 2009

Fast wie eine Großfamilie ...

... oder wie eine Kommune fühlt es sich an, seitdem heute auch noch die anderen Freunde angereist sind. Nun haben wir hier 5 Kinder zwischen 11 und 3 um uns. Wunderbar pulsierende Schar. Unsere beiden genießen es sehr, suchen und finden ihren Platz in der neuen "Geschwisterfolge", in der leider nur kurzzeitigen Großfamilie, was ganz neue Seiten an ihnen offenbar werden lässt.
Und ich fühle mich auch wohl wie ein Fisch im Wasser ;-)

Naja, was uns von einer „echten“ Großfamilie unterscheidet, sind die 6 Erwachsenen auf 5 Kinder – das ist sozusagen Großfamilie für Anfänger, gell? Zumal sich die Kinder von einer „Fremdmutter“ jedes noch so ungewohnte Essen widerspruchslos auf den Teller füllen und vom „Fremdvater“ so dermaßen komplikationslos zu Bett bringen lassen, dass es fast schon unheimlich ist.

Schön, dies bunte Gewusel im Haus. Wenn am Montag dann alle wieder abgereist sein werden, werden wohl nicht nur meine Kinder das lebendige (Kinder)Leben hier sehr vermissen …

Dienstag, 29. Dezember 2009

Ohne dich ...

Es ist schon eine Weile her, aber ich kann diesen kurzen Dialog nicht vergessen. Besser gesagt: ich kann ihn nicht auflösen, für mich.

Eines Abends beim Zubettbringen sage ich zu meinem Sohn einen Satz, an dessen genaue Formulierung ich mich nicht mehr erinnere, er kam aus mir heraus und muss etwa so gelautet haben: „Wie unendlich schön, dass es dich gibt – ohne dich wäre ich viel weniger glücklich.“
Unvermittelt fragt er zurück:
Wenn du noch ein Kind hättest, ein drittes, würdest du das zu dem dann auch sagen?
Ja bestimmt, warum?
Ach nix.“
Ich frage nochmal nach, doch eine Erläuterung will er mir nicht geben. Für ihn ist das Gespräch beendet.

Aber mir wird, je öfter ich darüber nachdenke, immer weniger klar, was ihn bewegte.

Ist es seine konkrete Frage: „Was wäre, wenn ich nicht wäre?“
Oder überhaupt die Frage nach unseren Was-wäre-wenn-Wegen?
Oder bewegt ihn, dass ich mir vorstelle, dass es ihn nicht gäbe?
Entdeckt er damit eine Sichtweise, die uns so oft beherrscht: dass wir unseren Fokus auf den Mangel, nicht auf das Da-Seiende richten?


Und was ist mit mir?

Bin ich tatsächlich in einer solchen Defizit-Perspektive gefangen, oder jedenfalls nicht frei davon?
Blicke ich – bewusst oder unbewusst – zu sehr auf andere, fremde Wege, um in meinem eigenen einen Mangel zu spüren?
Oder kam mir diese Formulierung, weil in meiner tiefen Dankbarkeit die Ahnung des Verlustes immer schon enthalten ist?
Ist das vielleicht normal oder sogar gut so, gerade weil Leben ohne Tod nicht Leben wäre?



Wie aber vermag es dieser karge Baum, ganz unberührt, ganz er selbst, ganz auf dem eigenen Weg, neben dem viel reicheren zu stehen – ohne Fülle und Form zu vergleichen, ohne Neid, ohne das Gefühl des Mangels, ohne je auch nur in Frage zu stellen, dass dies karge Wachstum sein eigener Weg, seine eigene Form ist, die er und nur er allein auszufüllen hat?
Was kann ich von diesem Baum nicht alles für mein Leben lernen!



Und noch ganz andere Gedanken treiben mich um …

Was löse ich mit meinen Worten in meinen Kindern aus?
Ich weiß oft gar nicht, worum sich ihre Gedanken und Träume drehen. Dabei wüsste ich gern mehr. Gebe ich unseren Gesprächen nicht genug Raum? Bin ich im Alltag nicht bereit und offen genug dafür?
Oder ist es ein Stück weit normal, dass mir meine Kinder „fremde Welten“ sind, gehen sie doch vom ersten Tag an auf dieser Erde eigene (Gedanken)Wege --- was ich ja so will, eigentlich?


Dieser Gesprächs-Splitter ist mir schon lange Geschenk geworden. Vielleicht wird er eines Tages zum Türöffner für eine Fortsetzung des Dialogs mit meinem Sohn.

Montag, 28. Dezember 2009

Ein Geschenk



Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
du mein tieftiefes Leben;
dass du weisst, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.

Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
lass deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gieb dich, gieb nach,
er wird dich lieben und wiegen.

Und dann meine Seele sei weit, sei weit,
dass dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Feierkleid
über die sinnenden Dinge.


(R. M. Rilke)

Sonntag, 27. Dezember 2009

Weihnachts-Splitter



Von unseren Weihnachtstagen gibt es kein Ganzes, gibt es nur Splitter zu erzählen ...



... zunächst, dass es ruhige arbeits- und (fast) computerfreie Tage waren, wie erholsam! Und dass ich dennoch nicht in die innere Ruhe fand, mich mal mit einem Buch hinzusetzen.



... dass der (symbolisch zu verstehende) Plan, den Wickeltisch der Tochter zu Weihnachten zu verschenken, mitten in der Durchführung begriffen ist und wir noch nicht wissen, welche Seite die stärkeren Nerven hat :(



... dass wir erstmals seit mehreren Jahren an diesen Feiertagen darauf verzichtet haben, den ärztlichen Notdienst aufzusuchen - das war bei uns eine gute alte Weihnachtstradition, nicht unbedingt liebgewonnen, aber schon sehr vertraut irgendwie. Ganz ungewohnt also, dass diese Kette jetzt unterbrochen scheint - oder, ähm, weitergereicht? (Das wollten wollten wollten wir doch wirklich nicht ...)



... dass die Kinder voller Hingabe den Baum schmückten, der zunächst für sie enttäuschend klein aussah, sich aber dann durchaus als praktisch erwies - so kamen sie nämlich fast überall dran.




... dass neben Sternen und Engeln auch mein guter alter russischer Ded moroz und ...



... seine Snegurotschka den Baum zieren, obwohl noch nicht Neujahr ist, ...



... dass sich uns aber immer noch nicht erschloss, was es mit diesem ebenfalls russischen "Weihnachtsei" auf sich hat. Vielleicht ist es einzig dazu da, dass sich die Kinder jedes Jahr aufs Neue königlich drüber amüsieren. (Und dieses Jahr wurde gleich eine innere Verbindung zum Musical gefunden, welches wir vor einer Woche von Sohnemanns Klasse hören durften: das hieß nämlich "Der Weihnachtshase".)



Musik, die auch in dieser Form die Seele erfreut ...




... insgesamt ein von Jahr zu Jahr bunter werdender Baum, weil die gebastelten Schmuckstücke der Kinder, seien sie auch in - sagen wir mal: unkonventionellen -Farbtönen gehalten, niemals wieder aussortiert werden.



Auch dieser Stern fand schließlich noch seinen wohlverdienten Platz am Fenster, was mich ganz besonders freute :-))



Im Laufe des Vormittags vom Heiligabend zogen sich die Kinder übrigens zurück, um für ein Weihnachtskonzert zu proben. Nach kurzer Zeit ertönte ein Disput, und die weinende Tochter kam mit der Frage zu mir, ob es stimme, dass sie weniger Weihnachtsgeschenke bekommen würde, wenn sie nicht weiterprobe. Ich konnte gar nicht so schnell mein "natürlich nicht" dazu geben, als schon von unten die Stimme des Sohnes ertönte: "Mama, Du musst ja sagen, sie glaubt sowieso immer dir, und dann probt sie nicht mehr, und wir schaffen das nicht bis heute Abend ..." Nun, ich sagte dennoch nein, und sie probte dennoch weiter, und die Kinder haben das Konzert dennoch "geschafft", mit vier kleinen Stückchen, soooo wunderbar ...



Der Blick aus dem Fenster in diesen Tagen zeigte uns so manches von Morgenlicht-Aufgang ...



... bis zu Weihnachtsstürmen.



Aber das war sicher nicht nur bei uns so.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Weihnachten in der Ferne

Vor 20 Jahren.
Wir lebten in Moskau, fern von jeder Weihnachtstradition im hiesigen Sinne. Mit Sehnsucht im Herzen näherten wir uns den Weihnachtstagen – dort waren es Alltagstage, schlimmer noch: Examenszeit.

Und wir …
… fuhren am Wochenende in den Wald, eigenhändig ein Bäumchen zu schlagen – ein kleines, welches wir auf den Schultern heimtransportieren konnten und welches bei den Milizionären am Wohnheimeingang kein allzu großes Aufsehen erregte,
… bastelten aus simplem weißen Schreibpapier Girlanden und Sterne als Baumschmuck,
… zerkrümelten Alufolie von Pralinenverpackungen, so dass eine Art Lametta entstand,
… hängten noch Kekse an – und erfreuten uns mehr denn je an einem geschmückten Baum (der Hintergrund: so „verziert“ sieht es eben in einem normalen russischen Mehrbett-Wohnheimzimmer aus ;-)),



… hatten wer weiß woher sogar Kerzen organisiert,
… sahen zu, wo wir Essen auftreiben konnten (zu jener Zeit gab es in den Geschäften bei langer Suche immerhin noch mehrere Brotsorten, zuweilen Käse oder Wurst, auch Rüben, Nudeln, diverse Konserven, manchmal Mehl und morgens Milch – hätte man uns gesagt, dass all dies ab Februar vorbei sein sollte, hätten wir das „Festmahl“ jenes Heiligabends noch viel mehr zu schätzen gewusst),
… buken aus wie auch immer ergatterten Eiern einen hohen Stapel Pfannkuchen (wie konnte es passieren, dass die nirgends im Bild sind?! - ich weiß das noch sooo genau),
… organisierten einen Uralt-Grill (rechts im Vordergrund vor dem Bäumchen steht er), um Brote mit Wurst zu überbacken und stellten dabei fest, dass die Wurst wohl überwiegend aus anderen Materialien als Fleisch bestehen musste, nahm sie doch bei Erwärmung umgehend eine seltsam verschrumpelte Konsistenz an,





… hörten selig einigen zerkratzten Schallplatten auf einem leiernden Plattenspieler zu – dass es Weihnachtslieder waren, mag ich mich nicht erinnern, aber irgendwelche deutschen Lieder halt,
… kapitulierten im Laufe des Abends an meinen 5 Stollen, so dass wir die überreichlichen Reste schließlich unseren russischen Freunden mitgaben (Warum 5 Stollen? Weil ich aus der Heimat fürsorglich mit mehreren Stollen versorgt worden war, so abgeschickt, dass in jeder Adventswoche einer ankommen sollte – die sowjetische Post wollte mir dann aber eine besondere Freude bereiten und händigte mir alle zusammen erst kurz vor Heiligabend aus ;-)),
… waren sehr glücklich bei unserem Weihnachtsfest im Herzen,
… beendeten dieses aber beizeiten, denn für uns alle fanden am 25. und 26. Examina statt, Semesterabschlussprüfungen,
… durchstanden auch diese, dort in der Ferne, an jenen Tagen, an denen sonst alle Weihnachten feiern,
… setzten uns am 26. spätnachmittags examens-erschöpft und glücklich in den Zug, der uns etwa 30 Stunden später wohlbehalten in Berlin ablieferte …

Weihnachten in Moskau, vor 20 Jahren.

Ich wünsche uns allen ein Weihnachten im Herzen – ganz gleich, ob uns das Fest nah oder fern zu sein scheint, ganz gleich wo und wie wir es verbringen. Mögen diese Tage licht und friedlich sein.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Erster Ferientag und Tochtersprüche

Erster Ferientag –
das heißt nicht nur, morgens um 7.44 zu erwachen und nicht verschlafen zu haben,
das heißt nicht nur, sich einen gemütlichen Mittagsschlaf mit der Tochter ohne schlechtes Gewissen leisten zu können,
das heißt nicht nur, abends mit der gesamten Familie in die Sauna zu gehen und nicht die Schlafenszeit der Kinder im Auge haben zu müssen,

das heißt für mich vor allem, viel viel mehr von den Kindern mitzubekommen. Heute war offenbar Tochtersprüche-Tag, sie verblüffte mich alle paar Minuten.
(Anderen mag dies ganz normal vorkommen. Ich aber habe eben ca. dreieinhalb Jahre warten müssen, bis das Kind sich in unserer deutschen Sprache auszudrücken pflegt, und daher bin ich ein ums andere Mal immer noch sehr begeistert. Mehr als ´ne Erstlingsmutter, sozusagen.)


Morgens gleich nach dem Wachwerden, sie eilt aus dem Bett zielstrebig zum neuen Hammerspiel, schickt sich an, dieses zu betätigen. Ich sage nur „Psst, der Papa schläft noch.“
Kurz darauf schlappt besagter Papa am Kinderzimmer vorbei ins Bad. Sie sogleich ganz freudig:„De Dlafmütze is auf’eteht – jetz daaf ich hämmern!
Ähm: Ich habe ihr das „Schlafmütze“ nicht beigebracht. Jedenfalls nicht im Zusammenhang mit dem Papa ;-))

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Badewannenszene, beide Kinder sind drin. Die Kinder lieben die randvolle Wanne, ich nicht so. Nach einiger Zeit also rufe ich ins Bad: „Macht das Wasser aus.“
Ich höre wie sie zum Bruder sagt: „Mach aus.“ und der antwortet: „Nein, wir lassen volllaufen.“ Daraufhin sie energisch: „‘Aus ist aus‘, hat de Mama sagt.“
Aha, so rede ich also? Perfekter Spiegel. Ich werde mir das „aus ist aus“ in Zukunft wohl verkneifen.

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Die Tochter braucht ja immer noch Windeln. Ich bemühe mich, Genervtheit und Ungeduld zu verstecken, ganz gelassen zu bleiben. Als mal wieder ein Windelwechsel akut ist und ich unsichtbar mit den Augen rolle, tröstet sie mich:„Wenn ich groß bin, können wir den Wickeltisch einem anderen Kind schenken.
Was heißt denn, wenn Du groß bist???“, frage ich erschreckt.
So groß wie der (hier nennt sie den Namen des Bruders).“
Ich zucke zusammen.
Ähm, der hat aber schon ganz lange keinen Wickeltisch mehr. Könnte es nicht ein bisschen eher sein? Zu Weihnachten zum Beispiel?
Die Tochter lächelt müde und stapft die Treppe hoch, zum Wickeltisch.
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Dort nehmen wir das Gespräch neu auf, während ich am Werkeln bin. Die Reinigung gestaltet sich schwierig, ich muss mich umdrehen und einen neuen Lappen herausnehmen: „Und jetzt bleib bitte ganz ganz ruhig liegen, nicht mit den Beinen zappeln, sonst verschmiert da noch mehr, und das wollen wir doch beide nicht.
Doch, das wollen wir“, antwortet sie frech.
Nein!“, schreie ich auf.
War nur ein Witz“, sagt sie ganz trocken.
Jetzt ist es an mir, schallend zu lachen ...

Dienstag, 22. Dezember 2009

Jetzt gleich ...

... werde ich mich warm anziehen und durch den Schneematsch zur S-Bahn stapfen, die uns der Verkehrsverbund zu Weihnachten geschenkt hat (wirklich: nach mehrjährigen Versprechungen haben wir seit dem 3. Advent elektrifizierten Halbstundentakt modernster Züge - das ist ein ganz neues Dorf-Lebensgefühl, aber ich schweife ab ...) und zur Schule fahren.

Mein freier Dienstag wird am letzten Schultag zum Dienst-Tag: mit einer Dienstbesprechung, auf der - wie immer - viele Bedanke-mich-Worte fließen werden, garniert mit süßen Geschenken. Ich habe vergessen, den Praktikantinnen von unseren Lebkuchenhäusern zu erzählen - denn wo sollen wir hier noch mit den Pralinen hin, die ich - wie immer - bekommen werde?

Kollegin E. auf dem Platz zu meiner Linken wird - wie immer - stöhnen, dass sie ja noch den Weihnachtsbaum und die Gans und dies und das besorgen muss, sie wird mich solidaritätsheischend anschauen, was mir keine andere Wahl lassen wird als ihr zu sagen, dass wir all dies schon haben, und sie wird - wie immer - bewundernd-resigniert ausrufen: "Die ist ja sowas von organisiert, die Frau ..."

Nur diesmal werde ich nicht wie sonst innerlich mit dem Kopf nicken, sondern mich ganz unfähig fühlen, weil scheinbar alle anderen bis Weihnachten ihre Stapel wegkorrigiert haben ("150 in zwei Wochen" und ähnliche Erfolgsmeldungen höre ich seit Tagen von allen Seiten). Allein ich schiebe diese Altlasten vor mir her, bis in den Januar wohl, wird es in mir nagen :(

Und in dem Moment werde ich mich erinnern, dass zu meiner Rechten Kollege H. sitzt, ein bekennender Weihnachtsferienkorrigierer (in den Dimensionen von 200-300 mal Geschichte und so).
Ha! - Ich werde mit ihm Blicke der Verbundenheit tauschen, werde ihm schadenfroh zuflüstern, wie neidisch die Kollegen am 11. Januar auf uns sein werden, da sie gähnend-müde versuchen werden, nach den langen Ferien zu erwachen und in Tritt zu kommen. Denn nur wir werden an jenem Tage munter-freudestrahlend-motiviert-Elan-versprühend durchs Lehrerzimmer wirbeln, so warmgearbeitet wie wir dann schon sein werden, Korrekturen sei Dank. ---
Na hoffentlich lässt mich Kollege H. jetzt nicht auch noch im Stich und hat dieses Jahr ausnahmsweise alles schon fertig korrigiert ...

Ähm, ich geh' dann mal.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Vollbracht

Nach getaner Arbeit




präsentieren wir hier das Resultat unserer nunmehr wochenlangen Bauarbeiten:



Das große Haus, ein Gemeinschaftswerk ...



... lässt in Strukturen und Mustern seiner Gestaltung ganz deutlich die Handschrift von Erwachsenen erkennen.




Zum Schluss tobten wir uns - nunmehr gänzlich von den erschöpften Kindern verlassen - beim Besucherandrang im Garten aus ... welch Sehnsüchte spiegeln sich allein in diesem sich auf der Mauer sonnenden gelben Bärchen wider?



Damit boten wir den Kindern unfreiwillig Grund für besonderes Vergnügen: sie konnten sich überhaupt nicht mehr vor Begeisterung einbekommen, als sie entdeckten, dass einige der Besucherbärchen kopfüber im Schnee stecken. (Diese Körperhaltung musste sofort auf dem Teppich nachgeahmt werden ;-))

Der Tanz auf Dachfirst und Schornstein erfreut sich bei uns aus anderem Grunde besonderer Beliebtheit:




Pflegen doch diese waghalsigen Gestalten immer besonders schnell "abzustürzen" (arg windig da oben!) und sich dann zur allgemeinen Verwunderung in ein Nichts aufzulösen ;-))


Die Kinderhäuser zeigen jedes eine eigene Handschrift. Sieht man mal von den Bananen im Vordergrund ab, ist dieses hier ganz geprägt von kindlicher Winter-Sehnsucht.



Das Dach musste vollständig mit Schnee bedeckt werden. Ich kam mit der (Ei)Schneeproduktion gar nicht hinterher ...




Verständlich irgendwie, denn im Unterschied zum restlichen Mitteleuropa liegt bei uns derzeit KEIN Schnee --- das hier kann man ja wohl nicht gelten lassen :(



Das vollständig schneebedeckte Haus weckte in meinem Sohn den Ehrgeiz, dass auch in seinem Haus schließlich keinerlei Lebkuchen mehr sichtbar sein sollte.






Vier Fotos von allen vier Seiten liefern den Beweis: Dies scheint ihm gelungen. Selbst die Hundehütte ist nunmehr gänzlich verborgen im Bunt.



Die reichhaltige Dekoration lässt allerdings die Überlebenschancen seines Häuschens auf ein Minimum schrumpfen, vermute ich: zu verlockend, dieses Knusperhäuschen.


Dieses dagegen ist weniger üppig beladen, dafür hoch und sorgfältig umzäunt ...



... so dass seine Bewohner gut geschützt im Garten wandeln können.



Nun, die (vergleichsweise) Kargheit hat dem Haus und seiner Architektin aber nichts genützt: Genau an diesem nämlich findet man erste Naschspuren. Schon VOR dem Fotoshooting!!!



Der Sohn kommentierte diesen Regelverstoß der beiden dreijährigen Knuspermäuschen übrigens ganz verständnisvoll: "Sie sind doch noch so klein" - Recht hat er.

Erschöpfungsmeditation

Ich sollte

--- korrigieren - korrigieren - korrigieren (noch 90 Arbeiten und 10 Tests, neu hinzugekommen) --- meinen Unterricht für Montag vorbereiten --- das Hinweisblatt für die nächste Klassenarbeit nach den Ferien erstellen --- so manche Worte an liebe Menschen schreiben --- und weitere Dinge auf den (Post)Weg bringen --- Weihnachtsgeschenke einpacken --- unendliche Papierberge auf dem Schreibtisch aufräumen --- (einen Haushalt wage ich die Tage schon gar nicht zu haben)


Erschöpft.
Es geht nicht mehr.


Statt dessen
.
.
krieche ich langsam und versonnen auf dem Boden meines Arbeitszimmers herum und sammle Schnipsel für Schnipsel mit der Hand auf, welche meine Kinder beim Basteln hinterlassen haben (unser Grundprinzip verletzend, dass jeder seinen Dreck allein wegräumt)
.
.
fege ich stundenlang und mit Hingabe Krümel unter dem Esstisch weg, mehrmals am Tag, den Besen wie in Zeitlupe bewegend, immer um den Tisch herum kreisend
.
.
setze ich mich zum Schmutzwäsche-Sortieren auf den Boden vor der Waschmaschine, die Körbe rings um mich aufgestellt, und zelebriere es, ein jedes Stück behutsam durch die Hand in seinen Bestimmungskorb gleiten zu lassen
.
.
lege ich andächtig Blatt für Blatt auf meinem Schreibtisch von dem linken Unordnungs-Stapel auf den rechten Immer-noch-Unordnungs-Stapel, und während ich jeden Zettel, jede Rechnung, jede Mahnung mit den Fingern befühle, seinem Rascheln lausche, schüttele ich über mich den Kopf, die ich hier gerade "aufräume"
.
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laufe ich immer wieder wie verloren durchs Haus - was wollte ich doch jetzt gerade tun? - und bemerke wie ich es genieße, nicht zu hasten, sondern träumend zu schleichen, ohne irgendetwas zu bewirken zu erledigen zu schaffen
.
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.
Sehnsucht nach Langsamkeit.
Einfach nur versinken in der Langsamkeit ... bitte.
.
.
.
Aber da ist keine Zeit für Langsamkeit.
Das äußere Leben taktet anders, wie meist ...

Freitag, 18. Dezember 2009

Vom Mut

Gestern Abend führte die wunderbare Lehrerin unseres Sohnes mit der Klasse ein Weihnachtsmusical auf - das dritte Programm in diesem erst kurzen Schuljahr, welches wir mit ihr und der Klasse erleben durften. Es ist immer wieder unglaublich, wohin sie diese Kinder zu führen vermag.

Da standen sie ALLE auf der Bühne, sangen Lieder im Chor, hatten das Bühnenbild und ihre Kostüme selbst angefertigt, die Szenen liebevoll ausgestaltet, ihre Rollen auswendig gelernt ... Und wer keine Rolle im Stück abbekommen hatte, trat anschließend mit einem Weihnachtsgedicht auf, oder las eine kleine Geschichte vor, oder hatte ein Weihnachtslied auf Flöte oder Klavier einstudiert. Alles hinter unserem, der Eltern Rücken. Wir durften eine Überraschung nach der anderen erleben.

Und das Eindrücklichste dabei:
Die Kinder stehen ALLE dort, ohne Ausnahme. Es ist ihnen ganz selbstverständlich, dass JEDER ans Mikrofon tritt, dass jeder dort seinen Platz hat, mit dem was er eben beizutragen vermag. Ob einer erst holpernd oder schon flüssig lesen kann, ob einer sein Gedicht selbstbewusst oder eher zögerlich vorträgt, ob einer beim Vortrag scheu nach unten schaut oder den Blick ins große Publikum wagt … alles hat hier Raum.

Die Kinder lernen etwas ganz Wichtiges für’s Leben: Ein JEDER darf und soll und kann sich trauen, nach vorn zu treten und mit seiner Stimme Laut zu geben – mit dem, was diese eben hervorbringt.

Also ich hätte mich das mit 7-8 Jahren nie und nimmer getraut. Deswegen vielleicht hat mich ganz besonders mein eigener Sohn berührt. Deswegen, weil ich so anders war, und weil man ihm noch vor zwei Jahren im Kindergarten und bei der Schulanmeldung prophezeit hatte, dass er mit seiner schüchternen, in sich verschlossenen Art in der Schule „keine Chance“ hätte. (Ja, wörtlich haben die das gesagt. Im Nachhinein sind wir unendlich dankbar dafür, denn das war der Grund ihn umgehend auf einer anderen Schule anzumelden – eben bei dieser Lehrerin.) Nun, und mein Sohn, der sich bis vor kurzem kaum traute, beim Singen im Chor den Mund aufzutun, stellte sich gestern im Schlusslied wie selbstverständlich ans Mikrophon und sang ein zweistrophiges Solo. Da war mir ein kleines Tränchen schon gestattet …


Der Mut, den diese Kinder hier gelernt haben, der uns gestern so eindrücklich gezeigt wurde, der wird sie weiter tragen. Auch wenn sie schon bald nicht mehr von dieser Lehrerin begleitet werden. Der Mut wird ihnen bleiben, so ist zu hoffen.

Der Mut,
im Leben mit seiner Stimme Laut zu geben
zu sagen was zu sagen ist
auszusprechen, was die Wahrheit ist
zu widersprechen, wenn Falsches im Raum steht
herauszulassen, was drängt
sich zu öffnen statt Worte in sich zu verschließen
und dabei
sich von den Blicken der Zuschauenden, Zuhörenden nicht beirren zu lassen
zu vertrauen, dass Gesagtes ankommt, wenn es nur ehrlich gesagt wird
...
dieser Mut ist für’s Leben so wichtig.

Diesen Mut konnten wir uns gestern von den Kindern abschauen.
Denn nein, wir Erwachsenen, ich auch, haben diesen Mut oft nicht.
Jetzt aufzulisten, in welchen Situationen mich der Mut verlässt, würde zu lang, zu intim, zu unpassend hier sein. Es gibt genug …
Ich hoffe, man versteht auch so, was ich sagen möchte.

Donnerstag, 17. Dezember 2009

schneeflöckchengleich

winzig
unscheinbar
weiß
einzigartig schön
gleich wieder verschwindend, treffen sie auf harten Boden
zart schmelzend, lassen sie sich auf meiner Haut nieder
.
.
.
hier fallen gerade die ersten.
Ich schaue ihnen versonnen zu.
.
.
.
Und manchmal treffen Schneeflöckchenmomente in meine Seele.

Nachmittags, mit den Kindern am Backen. Es wird dunkel.
Unvermittelt entdecken wir alle drei, dass die kleine Kiefer auf unserem Balkon mit einer funkelnden Lichterkette geschmückt ist. Um dies zu sehen, musste es erst dunkel werden.

Oh!
Überrascht, beglückt eilen wir hinaus.

Die Tochter, nur in der Strumpfhose, trippelt vor Kälte von einem fast nackten Fuß auf den anderen, bibbert --- aber will um nichts in der Welt hinein oder auf meinen Arm: „Ich will die kalte Winterluft einatmen.“ – was sie geräuschvoll tut – „Hmmm. Lecker.“

Der Sohn, versonnen in die Lichter und die dunkle Nacht schauend, bleibt lange still ergriffen, stumm.
Auf der Straße laufen in der Ferne Kinder, reden miteinander.
Er: „Soooo schön! Nur schade, dass da die Kinder sind. Mit ihrem Sprechen zerreißen sie die ganze Stille.“

Nein, nein, Söhnchen, die wahre Stille lässt sich nicht zerreißen. Aber das sage ich in dem Moment nicht, damit ich die Stille nicht auch noch zerreiße.

Wir nehmen uns still in den Arm.
Schneeflöckchengleicher Glücksmoment
.
.
.

Nachgemessen

Weil wir uns in den siebten Klassen gerade wochenlang mit Akustik beschäftigt haben und das letzte Thema „Lärm“ hieß, lag da immer das Schallpegelmessgerät auf dem Lehrertisch. Gestern und heute habe ich es mitlaufen lassen.

Aha!!! (Drei Ausrufezeichen!!!)

(Ich füge in rot Richtlinien oder gesetzliche Vorgaben aus allgemeinen Arbeitsschutzbestimmungen ein.)
Und noch vorab erläutert, damit die Werte auch richtig eingeordnet werden können:
10 Dezibel mehr ist nicht nur ein bisschen mehr, sondern bedeutet jeweils doppelte Lautstärke.
20 Dezibel mehr - vierfache Lautstärke,
30 Dezibel mehr - achtfache Lautstärke usw.



40 dB
empfohlen für überwiegend geistige Tätigkeit
(z.B. Schüler schreibt Klassenarbeit - das würde ich jetzt mal als "geistige Tätigkeit" bezeichnen)

45 dB
Minimum, welches im Klassenraum bei allgemeiner Regungslosigkeit erreicht werden kann, also allein der Hintergrundgeräuschpegel des Schulhauses

48 dB
Minimum im Physikraum (der ist halliger), 33 Schüler rühren sich nicht, sitzen mit angehaltenem Atem, Baustelle vor dem Fenster hat auch gerade Frühstückspause

50 dB
Richtwert für Bürotätigkeit

50-55 dB
Klassenarbeitsatmosphäre, einzige Schallquellen sind Stühledrehen, -rutschen, und -quietschen, Stifte aus den Mäppchen holen, Papierrascheln, Körperbewegungen der Schüler

55-60 dB
Stillarbeit in einer seeeehhhhr konzentrierten Klasse, einzelne Schüler flüstern miteinander

70-75 dB
Gruppenarbeit in ruhiger Klasse, 33 Schüler reden miteinander in Vierergruppen, dadurch wird es immer unruhiger, alle paar Minuten „klingele“ ich es mit meinem Glöckchensignal wieder von ca. 75 auf 70 dB runter

80 dB
wenn man dem über längere Zeit am Tag ausgesetzt ist, so ist vom Arbeitgeber Gehörschutz bereitzustellen

75-85 dB
Gruppenarbeit in unruhiger Klasse, zum Beispiel in der 7b am Nachmittag, jedes „Runterklingeln“ wirkt nur für Sekunden; manchmal breche ich die Arbeit ab, aber irgendwie muss ich ja unterrichten
(und nein, man sage mir jetzt nicht, ich hätte meine Schüler nicht „im Griff“ – ich glaube, das habe ich durchaus, soweit das heutzutage eben möglich ist)

85 dB
Gehörschutz ist Pflicht, regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen notwendig
(Na, das wäre doch mal 'ne Idee: wenn die Schüler zu unruhig werden, setze ich mir mit großer Geste einen Kopfhörer auf ... ein Hingucker isses bestimmt, das Unterrichtsgespräch verläuft für mich dann weit stressfreier, denn ich fühle mich ja in meiner Rede nicht immer von zwischenquatschenden Schülern gestört, muss nicht ständig mittendrin meinen Satz abbrechen und nach 23 nonverbalen Störungsinterventionen an der gleichen Stelle fortsetzen ... hach, wunderbare Vorstellung! Und sollten Eltern gegen dieses Vorgehen Einwände haben, verweise ich einfach auf die Arbeitsschutzrichtlininen ;-))) )

85-90 dB
Pausenlautstärke, sowohl im Raum als auch auf dem Schulflur, vormittags wie nachmittags
(Wo sind meine Kopfhörer???)
Auf dem Schulhof haben wir nicht gemessen, ich denke aber, im Freien sollte es weniger sein; von daher werde ich fortan meine Hofaufsichten in der "Stille" besonders genießen.

100-120 dB
Klasse bemüht sich um maximale Lautstärke; es stellt sich heraus, dass die einzelnen Klassen in dieser Disziplin unterschiedlich begabt sind :))
(Wir probieren das in der Pause, damit nicht im ganzen Schulhaus alle anderen vom Stuhl fallen.)


So.
Jetzt wissen wir’s.
Naja, gewusst hatte ich’s schon, dass Lärm die stärkste Arbeitsbelastung bei uns Lehrern ist. Aber es so eindrücklich schwarz auf weiß vor sich zu sehen - puh!

Mir selbst fällt es meist gar nicht auf. Erst jetzt, wo ich meine Wahrnehmung darauf richte, spüre ich es deutlich, kann gar nicht mehr weghören von dem permanent hohen Hintergrundgeräuschpegel im Schulhaus und all den – wirklich lauten – Geräuschen um mich herum. Und weil ich gerade noch ein wenig erkältet und ziemlich ferienreif bin, strengt es mich wohl besonders an. Jedenfalls spüre ich seit gestern einen unangenehmen Druck auf den Ohren.

Bleibt mir nur zu hoffen:
Liebe Ohren, bitte haltet noch ein bisschen durch. Nur noch 25einhalb Schuljahre – dann habt ihr’s schon geschafft :))

(Quizfrage an die Schüler übrigens: Bei wie vielen Lehrern unser Schule findet ihr im Ohr Hörgeräte? Fünf Namen konnten sie sofort nennen, die anderen sind unauffälliger. Ich glaube, es sind über 10, bei 60 Kollegen, und wir sind ein unterdurchschnittlich junges Kollegium.)


PS.
Und wer sich fortan wundert, wenn ich auf einer Geburtstagsfeier am Freitag abend als Spaßbremse auftrete und darum bitte, die Hintergrundmusik leiser zu drehen, was unverständige bis empörte Gesichter in der Runde nach sich zieht - die Musik sei doch schön?! (Ja schon, schön vielleicht, aber eben mit Geräusch verbunden ...)
Jetzt wisst ihr ja, woran das liegt. Es strengt mich wirklich an.

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Irdisches Wunder, bitte!

Wenn jetzt nicht noch ein Wunder geschieht, gehe ich nächste Woche mit 122 Klassenarbeiten in die Weihnachtsferien!

Nur ein ganz profanes irdisches Wunder möchte ich, kein echtes, himmlisches.
Ein paar Korrekturheinzelmännchen, zum Beispiel. Oder einen dauerkranken Kollegen, der sich vor lauter Langeweile um die Korrekturen der Kollegen reißt. (Ja das gibt’s: wir haben so einen, der liegt wochenlang mit lädiertem Knie zu Hause und jammert pausenlos von wegen nix zu tun. Das Korrekturangebot meint der ernst. Ist aber leider ein Französischlehrer – ob der auch Physik kann?)

Ach, ich befürchte, ich muss mich selbst um mein irdisches Wunder kümmern :((
Aber immer wenn ich auf diesen Stapel starre, fühle ich mich wie das Kaninchen vor der Schlange. Denn mal ehrlich, wer möchte schon 97 Schülerantworten auf die Frage lesen, wie bei der menschlichen Stimme der Schall erzeugt wird?!?! Und dann jeweils entscheiden, ob die Antwort 2 oder 1,5 oder 1 oder 0,5 oder 0 Punkte wert ist?
Gefolgt von 12 weiteren Fragen … das macht 13 x 97 = 1261 Entscheidungsfindungen – puh! Ganz zu schweigen von Hunderten von wohlgesonnenen, ermutigenden, den Schüler weiterbringenden Anmerkungen, die ich an den Rand zu schreiben habe …
Da versprechen die 25 Oberstufenklausuren anschließend ein Spaziergang zu werden…
Und selbst 122 mündliche Noten, die ich dazu noch machen muss, scheinen ein Klacks zu sein …

Hej, wer hat hier still und klammheimlich all meinen Korrektur-Elan gestohlen? Bitte zurückbringen!!!

Vielleicht sollte ich Finderlohn aussetzen. Oder jetzt ins Bett gehen - und hoffen, dass sich Herr Elan dort unter der Bettdecke versteckt hat und gewillt ist, morgen mit mir aufzustehen und durch den Tag zu schreiten.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Fortgeschritten

Die Kinder hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben --- und jubelten entsprechend laut, als ich heute mittag verkündete, dass wir heute weiterbauen.

Nach einem sechshändigen "Stein auf Stein" war diese Reihenhaussiedlung entstanden:



Zwei der Häuschen sind für "Gastkinder" ... dieses Jahr ist es aber verflixxt, weil wir mit den beiden Müttern (auch Lehrerinnen, also ebenso in der Schuljahresend-Stressphase, daran liegt es wohl) vor dem nächsten Wochenende partout keinen gemeinsamen Termin finden konnten zum großen Haus-Verzieren.

Diese beiden Häuser werden unsere bleiben: Das große werden die Tochter und ich gestalten, das kleine der Sohn.



Der hat sich heute schon ganz kreativ gezeigt: Lebkuchen-Hexenhaus mit Balkon und Hundehütte :))

Verlerntes lernen

Ich erinnere mich an meinen ersten Besuch in der indischen Stadt Benares. Ich war zutiefst erschüttert und entsetzt. Ich wurde Zeuge größter Schmerzen, des Hungers und unverhüllten Sterbens. In einer langen Prozession wurden unaufhörlich Leichen durch die belebten Straßen zum heiligen Fluß Ganges getragen. Die Menschen beobachteten das eindrucksvolle Ritual der öffentlichen Einäscherung. Am Straßenrand saßen Krüppel, Aussätzige und Bettler. Als ich mich von meinem ersten Schock erholt hatte, sah ich plötzlich Mütter, die mit leuchtenden Augen ihre lächelnden Kinder säugten. Ich sah das freundliche Lächeln auf den Gesichtern alter Männer und Frauen, die ungehemmte Freude von Knaben und Mädchen, die die Straßen entlang liefen, und einen vergeistigten Ausdruck von Frieden und Gelassenheit auf den Gesichtern der Menschen, wie ich es bis dahin noch nie erlebt hatte. Was ich hier sah, war das ganze Panorama des Lebens – niemand versuchte, etwas zu verbergen. Mir wurde plötzlich klar, wie behütet und abgeschirmt ich bisher gelebt hatte. Die meisten Menschen im Westen leben ihre wirkliche Existenz fast ausschließlich hinter geschlossenen Fenstern und Türen. Wir weinen allein, wir müssen allein mit unseren Krankheiten fertig werden, wir werden allein geboren, und die meisten von uns sterben in irgendeinem sterilen Krankenhauszimmer, allein. Wie können wir den natürlichen Lebenszyklus kennen oder annehmen, wenn er vor uns so versteckt wird? Wie können wir jemals etwas darüber erfahren? Wie können wir ihn jemals annehmen?
Wenn wir den Tod einfach als einen weiteren Aspekt des Lebenszyklus annehmen können, werden wir jede Begegnung im Leben schätzen und als wertvoll erkennen und wissen, daß sie sich nie wiederholen wird. Und jeder dieser Augenblicke wird für uns zur Quelle dessen, was unser Leben ausmacht.
Der Tod ist in diesem Leben unser größter Lehrer. Nur die Unwissenden und die, die Angst vor dem Leben haben, fürchten ihn. Die Weisen akzeptieren den Tod als ihren vertrauten Freund und verständnisvollsten Lehrer. Um als Persönlichkeit ein aktives und erfülltes Leben zu führen, müssen wir den Tod als unseren Freund betrachten, der uns durch das ganze Leben begleitet.

(L. Buscaglia)




Ja, was haben wir nicht alles verlernt
– gegenüber der Wachheit, die den Menschen in Armuts-, Kriegs-, Pest- und Unglückszeiten abgefordert wird,
– gegenüber der demütigen Hingabe, die eine Mutter leben muss, wenn ihr alljährlich ein Kind vom schmutzigen Wasser stirbt.
Nein, ich bin nicht undankbar, dass wir genug zu essen und noch weit mehr haben, dass hier kein Krieg tobt, dass viele von uns in Frieden alt werden dürfen. Genauso wenig möchte ich solche Zeiten auch nur im Mindesten verklären.

Nur:
Wie schwer ist es, in diesem wohlbehüteten Wohlstandsleben unser Leben im Sinne eines wirklichen Wohls zu gestalten!
Wie groß ist die Gefahr, zu schlafen, dumpf und blind vor sich hin zu leben, sich in Scheinsicherheit zu wägen, einer fremdgesteuerten Geschäftigkeit zu erliegen, seinen Alltag irgendwelchen angeblich vernünftigen Regeln zu unterwerfen, nichtssagend vor sich hin zu treiben.

Wie leicht vergessen wir dabei, dass das hiesige Leben

im täglichen Geborenwerden
in allumfassender Liebe
im jederzeit möglichen Sterben

besteht. Und dass dieses alles Eines ist.

Wir haben verlernt, strahlend unser über alles geliebtes Kind im Angesicht des Todes zu stillen. Wie viel können wir von diesen indischen Frauen lernen ...

Wenn wir das, welchem wir alle auf der Spur sind, auch mit ganz verschiedenen Worten benennen:
den Himmel in sich aufspüren
ganz in seine Mitte hinein finden
im Hier und Jetzt die Ewigkeit leben
aufwachen
sich mitten hinein stellen
sich vor Gott im Vertrauen verbeugen
zum Geist erwachen
Meinen wir damit nicht alle das Gleiche? Das nämlich, was diese strahlenden, stillenden Frauen uns vorleben ...

Sonntag, 13. Dezember 2009

still verstummter Advent





SO gern würde ich Helles, Adventliches zu diesen Bildern erzählen. Jedoch: die Erlebnisse, die damit verbunden sind, waren alles andere als dies.

Vorhin aber, da fand ich etwas Mut - irgendwo, beim Blättern in einem Buch - es war so schnell wieder weg, wie ich es gefunden hatte, daher nur sinngemäß:

Illusion kann Wirklichkeit werden. Denn schließlich ist unsere heutige Wirklichkeit nichts anderes als das, was früher einmal Illusion war.

Und dann diese Kerze ...