Donnerstag, 31. Mai 2012

leer

"'Wie wir heute Tag für Tag durch unseren Beruf in Anspruch genommen werden, besonders in den technischen Berufen, aber keineswegs bloß in ihnen, das ist das Zerstörende. Es droht, den Menschen in uns auszulöschen, das echte Menschtum unmöglich zu machen ... wenige Menschen sehen mit klaren Augen, wie sie eigentlich leben. Sie leben nicht, sie werden gelebt, durch den ganzen Tag hindurch von irgendwelcher unbekannten Macht, die über ihnen die Peitsche schwingt.' Um nicht gelebt zu werden durch die Ereignisse, braucht es die Widerstandskraft, leer zu werden, um sich die vielen Eindrücke setzen zu lassen. 'Jeder hat sein Kloster in sich selber zu bauen: aus der Freiheit der Einsamkeit.'"

(Pierre Stutz, Zitate von F. Rittelmeyer)

In den Ferien ist es etwas weniger Arbeit, etwas mehr Selbstbestimmtheit in der Zeiteinteilung, etwas mehr Raum, solche Worte zu finden und einzuatmen, solche Gedanken in mir zu bewegen ...

Mittwoch, 30. Mai 2012

Lebensfluss

Man lässt es aus dem Hahn fließen, spritzt es sich ins Gesicht, gießt es ins Glas. Es fällt vom Himmel auf den Asphalt, von der Dusche auf meine Haut, vom Bergbach auf den Stein. Es trägt und nährt und kühlt und belebt und umgibt mich ...

Aber welches Wunder sich in einem jeden Tropfen verbirgt ... ich war ahnungslos.
Seht - hier (klick)!
(Und dann unter "Liquid Art" weiterschauen, Tat's zum Beispiel, oder Bubbles oder Kronen oder Fountains - Unglaubliches!)

Ob das Wasser des Lebensflusses ebensolche unsichtbaren Wunder birgt?

Sonntag, 27. Mai 2012

augenschließend

Es gibt ja meist einen Anlass, einen ersten, oberflächlichen, dass wir einer Sache begegnen. Einem Buch zum Beispiel. Manchmal aber, wenn man dann liest, eingetaucht ist, gelesen hat, dann versteht man plötzlich: Da ist noch ein anderer, tieferer, wahrer Grund, warum man gerade jetzt darauf stößt.

So geschehend im Moment mit mir, bei einem Buch über Blindheit und Sehenlernen.
Wie nichtsehend wir Sehenden oft sind ...
Wie sehend wir werden können, wenn wir durch die Augen des Blinden blicken ...

Ich muss weiterlesen ...
(Und nein, ich kann hier gerade nicht gut erklären, was das mit mir zu tun hat. Aber ich weiß: Ich lese über mich.)

Samstag, 26. Mai 2012

In allen Richtungen

In der Mathematik ist alles immer ganz einfach.
Drei Dimensionen: Ein Oben, ein Unten, dazu ein Rechts, ein Links, ein Vorn, ein Hinten. (Oder meinetwegen: drei Oben, drei Unten.)

Hier im Leben - ganz anders. So viele Dimensionen, in denen ich gerade zwischen oben und unten umherirre ... so viele Obens und Untens. Mindestens 5-D, oder 7-D, und noch-so-manch-D...
Viel-D-Leben, jedenfalls.

Freitag, 18. Mai 2012

gegenpolig

Ein so anderes Erleben auf der anderen Seite der Waage.
Die kleine, nun eigentlich überhaupt nicht mehr kleine Tochter fiebert ihrem Tag entgegen wie noch nie. Seit Wochen geht das so: Wie viele Tage noch? Wie oft noch schlafen? Ich bin so aufgeregt ... Ich freu mich so ... Ich kann es nicht erwarten ... Wie viele Tage noch? Wie oft noch schlafen?
Und als im Laufe der letzten Woche die Anzahl der verbleibenden Tage ins Überschaubare, auch für sie Zählbare rutschte, wurden die beiden Fragen ersetzt durch: Noch fünf Tage ... Noch vier mal schlafen ... Nur noch heute, morgen und übermorgen, und dann ... Übermorgen ... 
Heute geh ich zum letzten Mal als 5jährige in den Kindergarten! War ihr heutiger Morgenjubelschrei. Zurück kam sie mit einem triumphierenden Nie mehr gehe ich mit 5 in den Kindergarten!
Und zufälligerweise fragte ein netter Mensch auf der Straße sie ausgerechnet heute nach ihrem Alter: 5abermorgenbinich6 :)

Na, hoffentlich können wir mit dem morgigen Geburtstagsprogramm dieser RIESENRIESENVorfreude auch gerecht werden ...

Erstes Erkennen

So waren diese gestrigen Worte mir Schleusenöffnung. Hatte lange nicht gewagt darüber zu schreiben. Weil ... irgendwie ... hm ... ich bin ja immer stark. Schwer dieses Bild zu brechen, auch für mich selbst. Und das Außen einzuweihen ... unendlich unmöglich manchmal.
Nun tat ich es, und es ist gut. Weil es nun endlich weiterarbeiten darf in mir. Ein Krankheits-Schulfrei-Tag gibt doppelt Raum dafür. (Ein Danke an meine Stimme - hat mir diesen Tag zur rechten Zeit geschenkt!)

Und was sich öffnet? Einmal mehr - nicht zum ersten Mal - das Erkennen, dass nichts im Außen, alles in mir selbst geschieht. So auch das Weglaufen - nicht das Leben, die Dinge, die Menschen entfernen sich, sondern in mir entgleiten sie. In mir wohnt der wachsende Abstand. In mir ist das Zurückziehen. Nicht: mir wird (an)getan. Sondern: ich tue es mir (an).
Befreiend: nicht passiv, nicht wehrlos, nicht Opfer zu sein. (Obwohl das bequem und verlockend scheint.)
Ernüchternd gleichermaßen: für das Heraustasten, Herausreichen, Heraussteigen aus der Zisterne braucht es Kraft. Meine Kraft. Die ich gerade nicht habe. Auf die ich nur warten kann ...

(Ein Regenbogen ist gebrochenes Licht. So habe ich das noch nie gesehen. Wo war ich nur mit meinen Gedanken, wann immer ich im Physikunterricht über Regenbögen sprach? Wie eng habe ich bisher darauf geschaut ...)

Donnerstag, 17. Mai 2012

So manchmal ...

... wenn zwischen dem nichtschaffbaren Alltag, der mich wattegedämpft durch eine Art Nichtwirklichkeit spült, und meinem traumlosen tieferschöpften Schlaf, ein Minütchen bleibt, oder zwei,
oder wenn sonntags, feiertags das Hamsterrad ein wenig innehält,
oder wenn wie jetzt ein Infekt, wie man sagt, eine Notbremse also, mich ins Bett und in die Stimmlosigkeit schickt,
dann geschieht, was geschehen muss und soll und endlich darf:
Ich sinke zusammen. Und spüre für einen kurzen Moment schmerzendes Erwachen in mir hämmern ...
Soll ich diese Momente "schlecht" nennen? --- Ohne sie fühlte ich mich besser. Oder nur leichter? Aber unwirklicher? --- Sind sie Wegweiser? Hinaus aus dem Jetzigen? --- Ich glaube, diese Momente sind meine Wahrheit. Und daher: gut, dass sie zu mir kommen.

Das Jetzige: Auf der Oberfläche rede ich, lache, arbeite, kommuniziere, agiere. Wie immer. Aber darunter, irgendwo tief innen, da sitzt ein Stein. Ein Stein namens Einsamkeit und Trauer. Lange wusste ich nichts mehr von ihm. Oder wollte es nicht wissen. Vor kurzem wurde er für einen kurzen Moment an die Oberfläche des Sichtbaren gespült. Wie sehr, wie überaus stark es da aus mir herausbrach, erschreckte mich. Und nicht nur mich.
Als die Kollegen am nächsten Tag fragten, ob es mir wieder besser gehe, wäre die ehrliche Antwort "nein" gewesen. Ich habe sie hinuntergeschluckt. Und mich dabei noch einsamer gefühlt als am Vortag ...

Als ob mir die Menschen, die Dinge, das Leben entgleiten würden. Und ich stehe wie gelähmt daneben. Möchte schreien: Lauft mir nicht davon. Doch ich öffne nicht einmal den Mund. Weil es nicht mein Rufen ist, was sie zurückhalten wird. Sondern nur mein ...
Und hier stocke ich. Was an die Stelle dieser drei Pünktchen zu setzen sei? Weiß ich es? Will es nur nicht wissen? Habe nicht den Mut es auszusprechen?

Und jetzt fließen Tränen.
Die sich mit der untergehenden Sonne vor dem Fenster vermischen.
Ob das einen Regenbogen gibt, frage ich mich ...