Montag, 28. April 2014

Wochenrückblick, erstmals

Ob ich das will und kann, für mich selbst vor allem, um in meinem oft so schnell wirbelnden Rad von Zeit zu Zeit innezuhalten und wahrzunehmen, dass die Tage zwar verflogen, aber reich gefüllt waren? Und um eine Spur davon festzuhalten, für später zum Nachlesen, zum Erinnern, zum Weitererzählen?
Ja, formte sich immer mehr als Antwort, seit ich ihre Rückblicke lese.
Ob ich es aber schaffe, so regelmäßig, als Ritual quasi? Und ob ich mich am Ende der Woche noch erinnere? Das werde ich nicht erfahren, wenn ich es nicht ausprobiere.
Ob ich mich kurz genug fassen kann? Das geht ja schon mit der Auswahl der Kategorien los. Ich werde noch ein wenig experimentieren müssen.
Ob es mir auf Dauer Freude macht, ob ich es Woche für Woche sinnvoll finden werde? Ob nicht das, was mir wichtig ist, am Ende zu intim für die Öffentlichkeit sein wird?
Jedenfalls soll es nicht unversucht bleiben: Voilà.
(PS. Und dann startet die Premiere auch noch mit Verzögerung. Weil nämlich gestern plötzlich der Tag zu Ende war, als die Datensicherung immer noch lief und lief und ich diese aber nicht abwürgen wollte, nur um hier pünktlich einzustellen. Nee nee, (Blog)Pünktlichkeit ist überbewertet. Ich war erst mal in Ruhe schlafen und in der Schule und so. Aber jetzt.)

Wetter
eine Woche lang sonnig, fast sommerlich, erst am Wochenende Regen und ein wenig apriltypische Kälte
gemacht
zwei Radtouren – eine kurze am Fluss entlang mit beiden Kindern, eine nur mit Sohn in weitem Bogen durchs „Hinterland“; ab und zu zum Eis-Essen geradelt; Fahrrad geputzt; im Garten gewerkelt und auch gesessen – ja, erstes Abendessen draußen; Lampen und Regale zusammen- und angebaut; tonnenweise Wäsche – ich weiß immer gar nicht, aus welchen Löchern die Schmutzwäsche bei uns gekrochen kommt; Schreibtisch, Mails, Computerdaten aufgeräumt und aufgeräumt und aufgeräumt; Synchronisation und Datensicherung auf dem Computer installiert – nach einem ernstzunehmenden Fastverlust-Unfall war das längst fällig; Tochterkonto eröffnet; mit dem Sohn Tasche gepackt und ihn zum Bus auf eine Orchester-Auslandsreise gebracht (die erste! – das will als Mutter erstmal ausgehalten werden …); wieder ein bisschen in Schuldinge hineingetastet (notgedrungen blieb es nicht beim Tasten, sondern mündete in handfeste Vorbereitungen)
gehört
Vögel, immer wieder Vögel; Kinderklaviermusik verschiedenster Farben und Temperamente; auch mal Cello, aber nicht übertreiben – sind ja Ferien:); eine CD „Zeit für Tangos“; das Lachen und Glucksen aus den Zimmern der Ferienkinder
gelesen
Zeruya Shalev: Für den Rest des Lebens – fertig gelesen; und Arno Surminski: Die Kinder von Moorhusen - angefangen; ein bisschen im Großen Familienbuch der Feste und Bräuche; immer wieder in Margrit Irgang: Geh, wo kein Pfad, ist und hinterlasse eine Spur; Rilke-Gedichte
gegessen und getrunken
Ostereier über Ostereier:) (mehr echte als aus Schokolade, schätze ich), Saltimbocca, Spargel, Tortelloni mit Salbeibutter, Crespelle mit Spinat-Käse-Füllung, Maronen-Mousse (nicht süß, sondern herzhaft), Tomatensalat mit mehr Zwiebeln als Tomaten; Kaffee, Wasser, Tees, Milchkaffee, Hugo, Weißwein- und Saftschorlen
begegnet
einer langen Freundin an ihrem vertrauten gemütlichen Tisch in der kleinen Küche unterm Dach; einer lieben Tochterfreundin-Familie beim Eis-Essen (welches dann etwas länger dauerte); und in Gedanken einem Menschen beim Abschiednehmen vom Vater, einem beim Kennenlernen der neugeborenen Tochter und einem beim Aufbruch zu einer langen, (hoffentlich) heilenden Reise (wie viele ferne Menschen gerade so nahe kommen ...)
gedacht
dass ich in den letzten Monaten so einige Schritte gegangen bin, welche meine Familien- und Arbeits- und Eigendinge besser zusammenklingen lassen, welche mich besser ruhen lassen in diesem Hamsterrad – und dass diese Entwicklung aber bitte noch nicht zu Ende sein möge; in diesem Zusammenhang auch: das Projekt „papierfreie Schultasche“ (naja, realistisch: papierärmere) nimmt Gestalt an, meine Gedanken kreisen darum, ob und wie ich meine Unterrichtsvorbereitungen und sonstigen Arbeitsdinge digitaler halten könnte (und das ich Handschreibjunkie! – aber: ich produziere pro Schuljahr einen Kubikmeter Papier, das geht so nicht weiter) und denke so herum, welche Hardware-Ausstattung die zu meinen Bedürfnissen am besten passende wäre
gefühlt
wie wunderbar die Ferientage beginnen, wenn ich trotzdem früh (also gemeint ist: vor sechs) aufstehe und die ersten Stunden des Tages allein für mich habe und einfach da sitze und schreibe oder lese oder spaziere oder in die Kerze schaue …
gestaunt
dass man mit Goo.gle-Ea.rth quasi durch die Straßen der Welt laufen kann und ich daher schon vor dem Sohn weiß, wie es in den Städten aussieht, in denen er die nächste Woche verbringen wird – der sitzt nämlich immer noch im Bus; und nachdem ich seine Orte abgelaufen hatte, lief ich noch eine Runde um „meine“ Uni in Moskau (ob ich da wohl im Leben nochmal hinkommen werde?)
gekauft
ein „Fastklavier“ – so nenne ich jetzt mal unseren neuen digitalen Mitbewohner, der dafür sorgen soll, dass der Andrang am Flügel nicht täglich zum Familienstreitanlass wird und dass vor allem ich auch mal zum Spielen komme, dann nämlich wenn ich Zeit und inneren Raum habe (das ist vor allem nachts); ein schwarzes Hemd für den Sohn (nicht einfach – gaaar nicht einfach: jetzt kennen wir alle Geschäfte unserer Stadt, und es musste dann doch online sein), und dass ich ihm für die Reise noch einen Kamm kaufen musste, das hätte ich wohl besser nicht verraten ... wer weiß, was Ihr nun denkt:)
gefreut
über das Fastklavier!!! (wie ein kleines Kind hopse ich hier innerlich und äußerlich und spiele und spiele und spiele tags und nachts …); darüber, dass ich nun in meinen Zimmern wieder Licht habe (so einfach geht Freuen:)); über die Ferientage, über jeden einzelnen; und über jeden einzelnen Fahrradkilometer im aufblühenden Frühling
geärgert
über nix eigentlich; nee, auch wenn ich nachdenke, fällt mir nichts ein
gelacht
mit den Kindern bei „Phase 10“; als die Tochter mir ihre kleinen Minifilme zeigte, welche sie – mit sich selbst in der Hauptrolle – gedreht hatte; ständig Wortwitze und Wortspiele am Familientisch, der in den Ferien viel ausgedehnter (zeitlich) und entspannter ist
geweint
nee, doch nicht (ich dachte ja, dass es am Bus so weit sein würde)
berührt
wie der Sohn eines Morgens zu mir unter die Dusche angesprungen kommt (naja, die Kabine ließ er zu:)) und mit kindlich-hüpfender Freude verkündet, er habe einen Wackelzahn (Anm. d. Red.: Es ist erst der neunte. Das ist wohl wenig, für sein Alter); und wie er dann ganz wehmütig ins Verabschieden geht und gleichzeitig strahlend vor Vorfreude in den Bus steigt und kurz vor der Grenze noch die erste SMS schreibt (Fremdhandy? er hat nämlich keins) und seitdem aber schweigt, weil er wohl gerade erfährt, wie bestens es sich ohne Mama und Papa unterwegs sein lässt – dieses Hin- und Hergerissensein seiner Lebensphase, das rührt mich tief an
Ausblick
Schule beginnt wieder, und damit unser Nachmittagsprogramm – mit nur einem Kind und nur ne halbe Woche lang ist das allerdings Schulbeginn light; apropos Brückenwochenende: drei mal Besuch in drei Tagen sind hier erwartet; und am vierten der Sohn
Dankbarkeit
für die gewesenen Ferien, seit langem mal ohne Reise, nur Hiersein – und ich konnte wirklich bei mir bleiben, auch wenn die To-do-Liste lang war und jetzt viel kürzer ist – es war gut, sogar ohne die übliche Zuende-Panik am letzten Tag, nein, es war stimmig in allem!

Samstag, 26. April 2014

Ein Fahrrad-Foto-Experiment

Wow! Eine Radtour von der Haustür aus in unser "Hinterland", das ich in fast 20 Jahren Hierleben nie besucht habe - welch eine Eröffnung!
Welche Landschaften, welche Wunder am Wegesrand, welch staunenmachendes Licht. Der Tag war gefüllt mit den sattmachendsten Farben - mit zartem Neugrün in verzauberndem Licht, mit dem blühenden Blau des Himmels, mit dem Gelb des Rapses. Meine inneren Bilder bringen mich gleich zum Bersten.

Doch kaum eines dieser Bilder ist auf einem Foto gespeichert. Morgens nämlich, beim Losfahren, erschien mir noch als leicht spleenige Idee, was dann im Laufe des Tages Wirklichkeit wurde. Weil mein dauerndes Fotografieren und Fotografierenwollen immer ein wenig auf dem Sohn und mir gelastet hatte, wenn wir gemeinsam per Rad unterwegs waren, und weil ich nicht erahnte, wie unglaublich schön dieser Tag werden würde, und weil ich gerade beim exzessiven Aufräumen meiner Festplatte gefühlte Milliarden an Idylle-Fotos vor sich hindümpeln sah - deswegen verkündete ich dem Sohn, als wir uns bibbernd im Morgenlicht auf die Räder setzten, dass ich heute mal anders fotografieren würde. Genau alle fünf Kilometer nämlich nur, und zwar immer ein Foto in Wegrichtung, eines in Zurückrichtung, eines nach rechts und eines nach links.
So wenig wie ich die Wendung "gesagt, getan" mag, so sehr passt sie hier :) Die Regeln hatte ich mir eng gesetzt. Immer auf dem glatten Kilometer anhalten, bis auf 10 Meter genau, laut Tachoanzeige. Dann absteigen, höchstens 5 Meter vom Fahrrad entfernen, fotografieren. Die Vorwärts-Bilder mit einer Brennweite zwischen 35 bis 50, die anderen zwischen 24 und 35. (Warum dieser Unterschied? Weiß nicht. Es kam so von allein. Weil man vorwärts genauer hinschauen muss?) Blende meist 9, also keine Tiefenschärfevariation. Bei den seitlichen Bildern wich ich manchmal etwas von der 90°-Richtung ab (nämlich dann, wenn sonst das, was mein dilettantischer Bauch Bildkomposition nennt, irgendwie unbefriedigend schien).
Soweit mein Vorsatz. Und genau so tat ich es.
Ich hatte also - selbstgewählt - keine Wahl, was auf den Bildern erscheinen würde, was sie zeigen würden, in welchem Licht sich meine Reise darstellen würde.

Dem Sohn machte es Spaß, er hielt immer schon von allein an, wenn eine 5-km-Marke in Sicht kam.
Und mir brachte es vor allem Erstaunen. Denn seht selbst:
(Vorsicht, sehr viele Bilder. Denn wir fuhren ja nicht nur ins Nachbardorf. Beim nächsten Mal also wäre eine größere Kilometertaktung sinnvoll. Und außerdem: Schonungslos zeigt sich hier die tonnenförmige Verzeichnung meines Objektivs. Und wie schmutzig es ist :))


Start



km 5






km 10







km 15






km 20






km 25






km 30






km 35






km 40



 



km 45






km 50






km 55






km 60






km 65






km 70






km 75





(Und bei km 80 saßen wir schon im Zug.)


Und? Sind da viele Gemeinsamkeiten mit dem Anfang meines Blogsposts? (Die ich vielleicht nur nicht wahrnehme?)
Wann immer ich nämlich vor Staunen ob der Landschaft innehalten wollte, war weit und breit keine 5-Kilometermarke in Sicht. Ich atmete tief ein, und aus, und wieder ein und aus, und nahm mir innere Bilder mit, ohne auf den Auslöser zu drücken.
Während dann pünktlich zum Fotopunkt - der Sohn lachte immer schon - ein Gewerbegebiet, eine Ortschaft, ein Traktor, ein Hochspannungsmast oder wenigstens ein Verkehrsschild des Wegs kam. Die meisten Sichten hätte ich nie so fotografiert, wie sie sich jetzt auf den Bildern finden. (Warum denn eigentlich nicht?)

Was sagt mir das?
Vielleicht gab es gar nicht so viele wunderbare Bilder. Vielleicht gewichte ich diese innerlich nur stärker. Vielleicht bleiben nur diese in mir haften, und zwar lange und alles andere überlagernd. Vielleicht fahren wir also tatsächlich meist durch ganz realistisch-nüchterne Welten, fangen aber mit unseren Sinnen das Tragende, das Nährende, das Beglückende ein.

Oder erfahre ich etwas über meine Art zu sehen?
Vielleicht nehme ich ja immer nur punktuell wahr. Vielleicht nur zu zufälligen Zeitpunkten, und nur selten in den Momenten, die mein Leben eigentlich ausmachen. Vielleicht habe ich gar keine Wahl, welche Bilder sich mir vor Augen führen. Und vielleicht nehme ich zu oft das, was zufällig in mein Auge fällt, als meine Realität. Vielleicht liegt das Eigentliche dazwischen, lässt sich nicht festhalten, nicht in materialisierter Form aufbewahren, wie ich es gern hätte, und noch nicht einmal erahnen, möglicherweise.

Oder zeigt sich hier eher eine Aufgabe?
Vielleicht kann ich lernen, in den "richtigen" Momenten zu schauen, meinen Blick auf die "richtigen" Dinge zu lenken. Oder aber: Mir bleibt zwar keine Wahl, dass ich um mich herum zunächst immer nur eine ernüchternde Realität wahrnehme, welche nicht auf den ersten Blick beseelt und beseelend ist. Aber dass sich dazwischen, daneben, dahinter die wirklichen Geschenke befinden, dies kann ich lernen zu erahnen, zu begreifen und zu leben, ohne es stets bildlich vor Augen zu haben.

Vielleicht vielleicht vielleicht ...
Vielleicht sollte ich den Weg in den nächsten Wochen nochmals fahren, mit anders fokussierter Kamera. Um zu schauen, ob sich mir zeigt, welche Bilder wirklich dazwischen liegen ...