Samstag, 30. März 2013

Postskriptum

Es trägt weiter, dieses Erleben. Es bleibt in mir, es wird weiterschwingen.
Doch wie konkret, wie umgehend ich es spüre: das überrascht mich doch.
Das Konzertwochenende war doch nur mein Ferienauftakt - der erste Tag von vielen.
Doch nun - schon mitten in der freien Zeit - will mir scheinen, als lebte ich all meine Ferientage als ein einziges Postskriptum zu diesem Erleben.

Schon der Nachkonzerttag. Wie oft war mir der von Traurigkeit gefüllt, von einem Verlustschmerz durchwebt, von einem leeren "Vorbei" dominiert, welches als Fessel des Vergangenen kein Weitergehen zuließ. So oft, immer vielleicht, war es so.
Diesmal - ja, Leere spürte ich auch. Aber auf andere Weise. Leer und erfüllt in Einem. Erfüllt und befriedet. Nichts tue ich an diesem Nachkonzerttag. Ich brauche leere Stunden, um das Vollkommene nachschwingen zu lassen. Aber es dominiert kein Schmerz, auch kein diffuser, es ist nicht mal einer aufzuspüren (selbst beim Stochern nicht - und ich kann sehr intensiv in mir stochern).
Ja, es war vollkommen. Die Musik, und wir in ihr.
"Vollkommen", so habe ich mal irgendwo gehört, trage im Unterschied zu "perfekt" - "per facere - durch das Tun" - den Gedanken in sich, dass man etwas "voll kommen" lasse. Nicht es tun, sondern nur es kommen lassen. (Was heißt hier "nur"?) - Es - das ist das Ganze, das Alles. --- So war es beim Singen. Das Alles kam, floss durch mich hindurch.
Musizieren sei Meditation. Ich weiß noch, wann ich diesen Satz hörte. Wenn ich ihn bisher nicht verstanden hatte - jetzt habe ich.
So voll war mein Nochkonzerttag.

Und danach? Auch danach ist etwas anders.
Gespräche leben auf, die ich schon verloren glaubte. Meine Kinder sehe ich mit wacheren Augen als je in den Monaten zuvor. Meine Tage beginnen in Ruhe, und sie enden in Ruhe.
Nicht wie sonst habe ich eine - viel zu lange, viel zu überfordernde Ferien-to-do-Liste erstellt, die mich durch die Tage sklavt, die mich den Wecker stellen und das schlechte Gewissen einschalten lässt. Nein, es gibt keine. Überhaupt keine. Ein absolut neues Gefühl für mich, all die Ferientage mit dem zu verbringen, was der Tag gerade schenkt - und nicht mit dem, was die Liste fordert. Es waren Tage voller Wachheit, mit viel Musik im Haus, mit Büchern, die ich in mich hinein saugte, mit den Kindern vor allem, und mit intensivsten Momenten. Ich wusste gar nicht, dass ich das kann ...
Natürlich schlucke ich jetzt am Ende der freien Tage, weil viel Unerledigtes liegen geblieben ist - und ob ich nicht doch in der Woche effektiver, schneller, nutzbringender Einiges hätte abhaken sollen. Zumal es ja immer noch liegt, nicht erledigt ist, sondern dann eben später getan werden muss.
Pflichtvergessen und trödelnd könnte man mich nennen.
Und doch: Es war gut. Es war richtig. Ich war bei mir, endlich wieder. Nur das ist wichtig. Ich glaube zu verstehen, dass dies ein Schritt ist für mich, mir geschenkt am vergangenen Wochenende . Oder es war eben einfach Zeit für diesen Schritt.

Jedenfalls nehme ich ihn mit - oder wie kann ich besser sagen? (hier hinken meine sprachlichen Bilder, der späten Stunde geschuldet) - diesen Schritt also gehe ich weiter, schreite ich weiter ab, lerne ich kennen, fülle ihn mit den konkreten Tagen meiner zweiten Ferienwoche.
Morgen früh - richtiger: nachher - werden wir für eine Woche nach Berlin aufbrechen, zu meinen Eltern und zu meiner Oma.
Und zwischendurch - die Kinder werden bestens versorgt, behütet und bespaßt sein - darf ich ein paar Tage ganz allein verbringen. In einer Seenlandschaft nördlich von Berlin - in der wunderbaren Uckermark (für die Kenner der Gegend). In einer Urlaubslandschaft meiner Kindheit, am Ort einer eindrücklichen Reise vom vergangenen Sommer, vor allem aber: in und bei mir.
Offen wie eine Schale bin ich bereit zu empfangen, was die Seen-Seelenlandschaft mir schenken mag in den kommenden Tagen ...

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