Freitag, 5. Juli 2013

Kapitulation

Wir wissen nicht mehr weiter, haben alles ausgeschöpft, sind ratlos, müssen tatenlos zuschauen - oder eben doch nicht: sind jetzt wohl verpflichtet, das Jugendamt einzuschalten.
Ob das Segen bringt? Zweifeln erlaubt. Aber schlimmer geht's kaum noch. Oder doch? Lieber noch abwarten? Doch noch was unversucht gelassen?
Nach 13 Berufsjahren erstmals also Jugendamtskontakt. (Jetzt erst? Ja, ländlicher Raum, Süddeutschland, Gymnasium. Heile Welt also. Beneidenswert, dass ich 13 Jahre ohne arbeiten durfte. Trotzdem: eine solche Premiere braucht kein Mensch. Und heulen möchte ich ... Und eine Spur von Versagensgefühlen bleibt ... )
(Und liebe Eltern: Falls Sie mir weiterhin Mails schreiben wollen wegen dem Prozedere des Einsammelns des Geldes fürs Klassenfoto und wegen dem Regen beim Sponsorenlauf und dass ich Ihrem Kind nicht gestattet hätte, in der großen Pause seine vergessene Brotbox aus dem Schulhaus zu holen - die Welt hat Probleme. Klassenfotopfennigbeträge, Regen auf dem T-Shirt Ihres Kindes und 7 Minuten ohne Butterstulle gehören nicht dazu.)

6 Kommentare:

  1. Ja. Eltern haben manchmal banale "Probleme". Ich schicke dir ganz viel Kraft für die Klärung (manche Mitarbeiter von Jugendämtern können ein Segen sein) und sage Danke für die lieben Grüße bei mir. (ich weiß ja nicht, was ich täte, wenn ich nebenbei auch noch LehrerInnen ausbilden müsste ... )- ein gutes Wochenende und ab und an ein paar Minuten Zeit zum Sitzen, Schauen und In-Dich-Horchen.
    (Frau Kreis, die hier nur mit ihrem ollen Google-Nick kommentieren kann)

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  2. Bei der Überschrift "Kapitulation" mußte ich sehr schlucken und ich kann diese Sichtweise verstehen - auch, daß man das Jugendamt vermeiden möchte und es allein bzw. im Rahmen des Kollegiums schaffen möchte. Ich wünsche dem betroffenen Kind / Jugendlichen, daß durch die Hilfe von außen neue Weichenstellungen möglich werden. Und ich denke, daß die Situationen mit denen Lehrende heutzutage konfrontiert sind, sehr komplex geworden sind.

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  3. Was, nach 13 Jahren? Bei uns haben den Kontakt mit dem Jugendamt schon die Referendare.
    Die Welt scheint ja noch ganz schön heil zu sein. Oder: es schaut niemand hin. Macht ja Arbeit.

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  4. Kapitulation heißt in solchem Falle manchmal RETTUNG.

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  5. "Ich kapituliere" waren die Worte der Mutter vormittags am Telefon. Am Nachmittag machte sie dann wieder einen Rückzieher, sie habe alles im Griff.
    Mittlerweile habe ich mit Schulleitung und Kollegen telefoniert, wir haben nun einigermaßen einen Plan, was wir alles ab Montag in die Wege leiten, sind ja nur noch zwei Wochen Zeit bis Schuljahresende.
    Leider habe ich vom hiesigen Jugendamt über befreundete Grundschullehrer und KiGa-Erzieher noch nicht viel Gutes gehört, das ist ja sicher sehr mitarbeiterabhängig. Hoffentlich, hoffentlich kann der Familie geholfen werden.
    Und "heile" Welt sollte ich in Anführungsstriche schreiben. Wir haben ein von der sozialen Schicht her recht einseitiges Klientel (Einfamilienhaus-Einzugsbereich, nur Dörfer, quasi keine Mietwohnungen, keine Wohnblocks), extrem hohes Durchschnittseinkommen (schätze ich mal), aber statt Jugendamt haben wir dafür (?) eine Standleitung zur Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Tel.nummer des Klinikschulleiters kenne ich auswendig, die Parkhauspreise rund um die Klinik auch. Bei einem runder-Tisch-Gespräch neulich wegen eines Schülers erzählte er mir, dass unser Kreis (nicht nur unsere Schule, sondern alle Schulen ringsum) nach der Statistik seiner Klinik quasi null Drogen-, null Gewaltprobleme hat, dafür seien wir die Hochburg bei Depressionen und Essstörungen. (Schulangst und Mobbing sowieso, ergänze ich mal). Also nur außen heil. Und nein, wir sind keine Wegschauschule. Ist nur anders gelagert als an der benachbarten Werkrealschule, mit der wir den Schulhof teilen. Ich bin inzwischen Expertin bei lauter Dingen, die ich nie im Leben gelernt habe ... Ja, die Lehrerausbildung ist unzureichend. Bei den wichtigsten Fragen sind wir Autodidakten. Es gibt zu vielem nicht mal Fortbildungen.
    Jetzt drücken wir dem Kind mal die Daumen, dass sich etwas ins Positive bewegt ...

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  6. Oh, mit diesem Thema kenne ich mich leider mittlerweile sehr gut aus. In meiner Klasse erhält ein Drittel der Familien Hilfe zur Erziehung. Der damit einhergehende Arbeitsaufwand ist riesig, von der seelischen Belastung möchte ich schweigen.

    Hoffentlich wendet es sich in eurem Fall zum Guten. Auf jeden Fall müsst ihr Geduld und einen langen Atem haben. Ach ja, Beharrlichkeit ist auch nicht verkehrt.

    Wir haben noch eine Woche bis zu den Ferien und bei uns im Wohnzimmer hängt ein "Bis-zu-den-Sommerferien-Abreißkalender" - nicht nur meine Kinder zählen die Tage...

    Ich wünsche dir gute Nerven. Liebe Grüße von Frau Weh

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