Dienstag, 27. August 2013

Tag 8: Weimar - Erfurt

Weil wir morgens Weimars Zentrum vermeiden - wir konnten uns schon letztes Mal schwer davo losreißen, es scheint irgendwie magnetisch zu sein, also umfahren wir es - und weil der Sohn engagiert ohne Pause duchbrettert, sind wir ganz früh schon in Erfurt. Eher als die Pension uns Einlass gewährt. --- Hätte ich ja ein paar mehr Fotos versuchen können von der Landschaft, die hinter jeder Kurve ein anderes ihrer unzähligen Gesichter zeigt, all die Tage schon. Damit wir vorankommen, versage ich mir dies oft. Ohnehin wäre es ja nur ein (wohl misslingender) Versuch, den Zauber von Farben, Licht, Formen und Stimmungen festzuhalten. Wir werden auch so genug Bilder mitbringen, die meisten im Innern. --- Alle hatten geschwärmt, wie unglaublich toll Erfurt sei. - Liegt es daran, dass ich mich fertigen Urteilen nicht unbedingt anschließe, oder ist es mir hier zu perfekt restauriert (überall da, wo gerade nicht noch Baustellen herrschen), oder sind es Unruhe und Unwirtlichkeit der größeren Stadt, die mir nach unseren größtenteils einsiedlerischen Pfaden nicht bekommen? Die Stadt schafft es jedenfalls nicht in meine Lieblingsortliste dieser Reise. --- Apropos Unwirtlichkeit: So gehäuft unfreundlich wie hier sind wir das letzte Mal am Starttag in Berlin behandelt worden. Angeraunzt auf dem Radweg, weil wir auf der Seite etwas anschauen wollen, Augen gerollt, weil wir beim Eisbecher Sorten nach Wahl haben wollen, die Thüringer Rostbratwurst einfach so nebens Brötchen geklatscht und floskellos den Preis an den Kopf geknallt bekommen - vielleicht hatten wir hier einfach nur Pech. Oder die Menschen sind wie in jeder Großstadt von Enge und Gehetze angestrengt, oder alles ist so unruhig, weil heute hier Schulanfang, also Ferienende war, oder es gibt zu viele Touristen. Oder wir sind verwöhnt von der Freundlichkeit und Geduld und Hilfsbereitschaft, die wir bisher auf den kleineren Pfaden erfahren haben. --- Nichtsdestotrotz: wir lassen uns ein paar Stunden durch die Stadt treiben, haben nichts groß vor, schauen hier, schauen da. Als der Sohn keine Lust mehr hat, lasse ich ihn lesend auf einer Treppe sitzen und schlendere allein eine Runde. --- Am Abend überrede ich ihn, mich auf einem kurzen Abstecher in meine Vergangenheit zu begleiten. An einen Ort am Stadtrand (gefunden durch sachdienliche Hinweise der Touristeninformation), der mit einer sehr speziellen Art von Erfolgen meiner Schulzeit verbunden ist. Ein Teil meiner Vergangenheit, der mich lange beherrscht und den ich daher später lange verdrängt hatte. Dem ich mich mittlerweile wieder gut annähern kann. Der Sohn staunt und stellt eine Frage, die schon viele gestellt haben, laut oder unausgesprochen. Wie soll ich es ihm erklären? Wir reden über seine Erfolge und Begabungen, und über seine Träume, und dass diese nicht unbedingt in die gleiche Richtung weisen. Und dass er sich lieber auf den Weg seiner Herzträume machen wollte und sollte, das spürt er nur zu gut. So kann er wohl ein bisschen auch meine spätere Lebensentscheidung nachvollziehen. Jedenfalls sagt er, dass er es jetzt versteht. Obwohl ich ihm ansehe, dass es im Kopf noch weiterrattert. --- Zurück zum Radfahren: Im lauschigen Biergarten stellen wir beide fest, dass wir uns dieses üppige Abendessen heute gar nicht richtig "verdient" haben. Es wird Zeit, dass wir wieder länger auf unseren Rädern sitzen. Morgen wieder ... denn Eisenach liegt nicht um die Ecke.

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