Sonntag, 30. Oktober 2011

Landschulheim

Eine Woche ist es jetzt her. Alle Erschöpfungserinnerungen sind wie weggeblasen. Dass ich am Tag danach von einem Nickerchen ins nächste fiel. Dass wir drei Tage lang einen Großteil unserer Kraft in die Essenserziehung stecken mussten (und manchmal keine Lust mehr hatten, weil wir dachten, dass das doch eigentlich die Eltern ... naja ...). Dass es in dem Heim hellhörig und sowas von laut war, selbst bei unserer eher ruhigen Klasse. Dass wir nachts gefühlte dreiundsiebzig Mal in das eine Jungenzimmer rennen mussten und uns auf dem Flur schon schlaftrunkene Mädchen entgegenwankten - "Wir könn'n nicht schlafen, die sind so laut." - und wir die Jungs am liebsten samt Bett und Schlafsack raus in den Wald gejagt hätten, nicht ohne uns mächtig unfähig zu fühlen. Dass wir drei Tage lang von allen Seiten ein "MÜSSEN wir zurückwandern?" ins Ohr gejammert bekamen ...
All das ist vergessen.

Geblieben ist ...

... wie wir gelacht haben, mit den Kindern, ohne die Kinder, beides ...

... wie vertrauensvoll es war, von allen Seiten (naja: von fast allen; wäre ja seltsam, gäbe es nicht Kinder, bei denen sich Schwieriges offenbart; aber gut, eine solche Zeit zu haben, um dies wahrzunehmen, um jetzt gezielter beobachten und reagieren zu können) ...

... wie liebevoll die Heimmutter nicht nur in der Küche fantastisches Essen in kaum zu bewältigender Menge bereitete, sondern auch uns beiden Lehrerinnen einen Stapel Kaffeemarken nach dem anderen für die neue Espressomaschine in die Hand drückte - wir kamen mit dem Kaffeetrinken gar nicht hinterher :) ...

... wie großartig die Klasse mitzog, als wir von unserem Prinzip nicht abließen: jedes Spiel, jede Gruppenaktivität, jede Tischordnung in neuer, zufällig ausgeloster Gruppenzusammensetzung - sie durften nicht ein einziges Mal in den drei Tagen ihre Partner selbst aussuchen und haben das großartig gemacht, haben sich in so erstaunlicher Weise zusammengefunden, ganz gleich mit wem ...

... wie froh wir waren, dass es keine Heimwehtränen gab, vor allem nicht bei den Kindern, die vorher schon Bauchschmerzen hatten, weil sie - lässt man die Gruppen sich nach Wahl zusammenfinden - immer und immer wieder übrig bleiben - und für diese Kinder u.a. war unser permanentes Zufallsdurchmischen auch gedacht ...

... wie wir ein bisschen stolz waren, als der Polizeikommissar, der für den ersten Baustein eines Gewaltpräventionstrainings angereist war, der Klasse zum Abschluss seine Beobachtung spiegelte: wie gut hier alle miteinander umgehen würden, sogar die Jungen mit den Mädchen und vice versa - das wäre in anderen Klassen dieses Alters längst nicht so selbstverständlich, längst nicht so reibungslos ...

... und wie wir uns immer wieder bewusst wurden, dass wir vermutlich großes Glück mit dieser Klasse haben, denn die waren vom ersten Tag an so. Auch die anderen Lehrer der Klasse: es mache soo Spaß mit ihnen. Find ich auch. Vorgestern in Mathe war ich wieder schwer begeistert ...

Und vorgestern als Stundenabschluss haben wir auch meine Fotos angeschaut, groß mit Beamer an der Wand. Da kam alles nochmal ein bisschen zurück.



Eierwurfwettkampf - ein rohes Ei war so in Naturmaterialien zu verpacken, ohne jedes von Menschenhand gemachte Hilfsmittel, keine Schnüre, keine Tüten, dass es einen Sturz aus dem zweiten Stock überlebt. --- Zwei von fünf Eiern haben es geschafft!







Wilde Wege.
(Und dass sie so große Tüten dabei haben, das liegt an dem Sammelauftrag, den sie von uns hatten.)







Hausbau im Wald.





Hochmotivierende Arbeitsaufträge. Dieser hier: Jede Gruppe geht ihr gebautes Haus wieder zerstören - möglichst unfallfrei - damit nachfolgende Klassen nicht schon alles fertig vorfinden. Sie waren selten so schnell unterwegs :)





Ein Kran aus 30 Armen, und wie alle gebannt und konzentriert daran arbeiteten, Stein auf Stein zu setzen. Diese Gesichter!!! (Faszinierende Fotos, die Bände sprechen - nur leider kann ich die hier ja nicht zeigen.)









Rückweg über die Berge im Morgennebel.

















Abschlussreflexion.









Letzte Schritte im Wald, das Ziel unten am Fluss schon sichtbar ...






Gut war es.

8 Kommentare:

  1. so toll! Wow! Und schon bist du wieder auf einem weiteren Terrain mit Profifüssen (und Profiherz!) unterwegs. Und ich meine Profi im besten Wortsinn! Es sind so unersetzliche geschenke für die Kinder, wenn sie solche Zeiten erleben dürfen!
    Liebe Grüsse, auch für die am Leuchtturm gebrochene Welle!
    Gabriela

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  2. Oh sorry, da fehlt jetzt ein Zwischensatz! Das letzte war natürlich als Dank gedacht!
    :-)

    Mein Bestätigungswort spielt auch noch etwas Schullandheim: sackpo!

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  3. Wunderschön! So etwas wünscht man als Eltern seinen Kindern (hier stattdessen oft Chipstütenwettessen und Dauergedaddel auf Nintendo und Co. während der Klassenfahrten...)

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  4. Das Landheim liegt in einem Tal ohne Handy-Empfang - seeehhhr empfehlenswert :)
    Dass elektronische Geräte gar nicht erst mitgenommen werden dürfen, hatten wir auf dem Elternabend so vereinbart - aber ich vermute, das ist bei Euch gerade das Problem, dass die Eltern nicht mitziehen? Ohne die geht es kaum ...
    Und Chipsessen - also nach den Nahrungsmittelspuren, die wir morgens unter den Betten gefunden haben, gab es das bei uns auch. Nun ja - mit meiner Kollegin abends bei Hauswache und Bettruhekampf, da blieb es ja auch nicht bei Mineralwasser und grünem Salat ;-)

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  5. Ein eindrücklicher Bericht! Ich wollte einmal noch fragen, ob dir (oder deiner Schule) dieses kooperative Spiel mit den Holzklötzen und Strippen - mir als "Fröbelturm" - selbst gehört. Ich überlege nämlich, es anzuschaffen, finde jedoch nur welche mit 24 Strippen. Aber welche Klasse hat heute denn noch 24 Schüler_innen? Also, wenn du einen Tipp hast...
    freue ich mich! Gruß, I.

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  6. Das Spiel gehört der Schule, ist auch relativ neu gekauft. Allerdings weiß ich nicht wo. Kann mich aber nächste Woche, wenn die Ferien vorbei sind, gern erkundigen, wo es das gibt. Es hat 34 Schnüre, wir haben extra diese Großausgabe gekauft.

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  7. Liebe Rebis,
    ich schaue immerwieder total gerne bei dir rein und lese als Kollegin (und Hobbyfotografin) gespannt mit. Heute möchte ich noch einmal nachfragen, ob du vielleicht in deiner Schule wegen der Bezugsadresse des Fröbelturms nachhaken könntest... Ich weiß, du hast im Moment tausend Baustellen, dass ich echt ein schlechtes Gewissen habe, dich darum zu bitten. Aber im Internet ist leider nirgendwo ein XXL-Ausführung zu finden und die angebotenen 24-Schnüre-Teile bringen mir nichts... Liebe Grüße! I.

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  8. Liebe I.,

    hoffentlich schaust Du hier noch ab und zu - ich habe ENDLICH herausfinden können, wo unsere Schule das Spiel herhat. Nämlich hier: http://www.metalog.de/de/alle-produkte/tower-of-power-br-test.html.
    Das ist genau die Version mit 34 Schnüren, die wir haben.
    Liebe Grüße
    Uta

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