Sonntag, 11. September 2011

Neuanfang

Gestern:
Nach sechs Wochen ist alles verschwunden. Erinnerungen an das Ende des alten Schuljahres und bereits gefasste Pläne, wie alles im neuen fortzuführen sei. Ein Grundverständnis der selbst geschaffenen Ordnung in Dokumentenablage und Materialordnern. Gedanken und Konzepte, die vor Wochen schon so präsent in mir waren. Zu treffende Absprachen mit Kollegen. Alles weg aus dem Kopf.
Der erste Versuch, mich wieder hineinzubegeben: in Büchern und Heftern blättern, zahllose Papiere überfliegen, Notizzettel auf dem Schreibtisch hin- und herschieben, mich verlieren in Nebelschwaden von Erinnerungsfetzen, nach etwas Greifbarem suchen, das ich aufschreiben könnte: So und so, das und das werde ich in der ersten Stunde machen.
Am Anfang ist da immer: Nichts.
Verlorenheit im Vergessenhaben.
Und: Unfähigkeitsgefühle.
Doch das kenne ich schon. So war es jedes Jahr. Jeden September fange ich ganz neu an. Jeden September frage ich mich, wie das eigentlich geht, eine Stunde, eine Woche, ein Schuljahr zu planen. Jeden September fühle ich mich verloren in den tausend neu zusammenzusetzenden Aufgabendetails. Jeden September rudere ich hilflos durch meine ersten Schreibtischstunden. Und jeden September weiß ich ganz genau, dass ich das nicht kann: vor eine Klasse treten, dort vorn stehen, die Lehrerin sein …
Und jeden September habe ich den ersten Schultag dann doch überlebt :)

Heute:
Es geht recht schnell. Erste Bergspitzen, Konturen, Farben werden im Nebel sichtbar. Erste Stichpunkte erscheinen auf dem Papier, fügen sich zu Gedankenskizzen, zu ganzen Seiten, zu Fertigem. Für die 13er. Für die 11er. Für die 7er. Für die 5er. (Mein Stundenplan der ersten Woche sagt, dass ich sie alle gleich morgen treffen werde. Danach Dienstbesprechung. Fachkonferenz. Begrüßungsempfang der neuen Schüler. Ein 12-Stunden-Tag. Von 0 auf 130 am ersten Schultag – das hatte ich noch nie.)
Und plötzlich sind sie alle da - in mir. Die eine Klasse, die ich schon kenne. Und die fünf, die ich neu kennenlernen werde. (Nicht vergessen: morgen Kamera mitnehmen, für 150 neue Schülergesichter und -namen. Vokabellernaufgabe für mich :))
Vor allem meine Fünfte, mein so sehr gewünschtes Neuland. (Ich hatte noch nie die Kleinen. Noch NIE!) Sie sind so jung wie mein Sohn. Ich ahne, wie ihre Augen neugierig, offen und vielleicht ein bisschen bang in die Runde schauen werden, in der wir sie morgen Abend an unserer Schule begrüßen werden.
Und ich freue mich ganz unbändig darauf, diesen Augen zu begegnen.
Überhaupt: Vorfreudig ist mein Neuanfang. Vorfreudig und ein bisschen bang. Dann geht es mir wohl so wie meinen kleinen 5ern :)

5 Kommentare:

  1. Ja, genau so ist es. Bei mir, die ich nun Vertretungen mache, ist jede Vertretung ein Neuanfang. So ähnlich, wie Du es beschreibst.

    Einen guten, warmen, glücklichen Start, Euch allen morgen. Kraft und Übersicht und den Draht zur inneren Ruhe.

    Herzliche Grüsse
    Maria

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  2. Wie gut das GUTE an diesem Beruf zu spüren ist bei Dir. Durch das, was Du schreibst und wie Du damit umgehst; keine Panik bekommst beim Alles-Weg-Gefühl- und die menschenliebende Erwartung der neuen Kinder....So soll es sein!
    Gruß von Sonja

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  3. denke an euch, an die Grossen und die Kleinen! Guten Start!!!!!
    Gabriela

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  4. ich finde es ganz wunderbar, daß du immer wieder neu anfängst und nicht in routine hängenbleibst - auch wenn das manchmal beängstigen kann.

    alles gute für den start und übrhaupt!

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  5. Ich hoffe, es waren gute erste Tag für euch alle!
    Lieben Gruss
    Gabriela

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