Donnerstag, 28. Oktober 2010

Morgenstunde

Oder eigentlich waren es ja zwei - zwei Stunden, die ich mir, die sich mir geschenkt haben, vorgestern früh, als die Familie aus dem Haus gegangen und die Sonne noch nicht hinter dem Berg hervor gekommen war. Da zog es mich auf die Felder. Den Schulschreibtisch ließ ich liegen, die Kamera nahm ich mit. Und mich mit meinen Grübelgedanken, mit dem Düsteren der vergangenen Tage, mit meinen Ängsten und Fragen und Zweifeln und Lähmungen.

Vielleicht hatte mich frühmorgens schon der Mond hinausgelockt. Treu begleitete er mich den ganzen Weg über - und wieder einmal denke ich, warum ich das Offensichtliche manchmal so gar nicht wahrnehmen kann.
Auf diesem Morgenstundenweg nehme ich ihn wahr, und wie ...










Bald auch die Sonne, hier in ersten Baumspitzen zu erahnen, ...



... und überraschend plötzlich wird der schattige Mais sonnengoldfarben.




Ich drehe mich um zu den Lichtfäden, zum Lichtnetz, und es wird warm.






Warm wird es mir auch, als ich das viele Reifweiß sehe, in das Blätter und Halme gehüllt sind. Weil die zarten Pflanzen es so wunderbar vermögen, sich vor schmerzlichem Kalt zu schützen, sich gar damit zu schmücken? Weil jedenfalls ihre Konturen viel deutlicher werden, weil manche Pflanze, manche Form mir erst durch den kalten Reif sichtbar wird. Und wieder dieses: warum sehe ich so oft nicht ...
























Ich finde mich staunend in dieser Weite wieder ...






... und habe Nebelseen unter und hinter mir gelassen - für den Moment.






Manches ist leise zu erahnen durch den Nebel hindurch ...






... manches tritt vor diesem Hintergrund klar hervor ...






... und irgendwo inmitten von all diesem bin ich.
(Hier übrigens mein Schatten wohlgeborgen im Baumschatten.)




Für einen Moment zieht ein Nebelstreif aus dem Tal hinauf zu mir - überraschend schnell verliert der Himmel sein Blau, um es gleich darauf wieder zu gewinnen.




Allerorten begegnen mir faszinierende Baumgestalten ...








... ich finde mich in ihnen und unter ihnen wieder.






Sehe letzte Blätter ...






... deren Geschwister ihre Reise zum Boden bereits angetreten haben ...




... und mir dort zum Lichtspiegel werden.












Lichtspiegel, sich verwandelnde.




Ich sehe letzte Früchte ...






... und finde eine Winterahnung, die mir noch nicht so recht einladend wirkt ...




... oder doch:
Ertappe mich bei dem Gedanken, wann die Kinder wohl anfangen werden, auf diesen Pfützen zu schlittern.
(Ja, das ist Eis!)




Und bin doch für heute froh, eine sonnige Bank zu finden. Halte dort inne, bevor ich wieder nach Hause gehe.




Einmal mehr hat sich mir eine Ahnung des Hauchzarten eröffnet, das im Leben trägt, immer wieder Licht schenkt.




Gute Schritte, die ich da hinaus gewagt hatte, an jenem Morgen.


PS.
Noch nie habe ich so viele Bilder in ein Post gestellt. Ich bin mir bewusst, dass das viel ist, viel zu viel. Dass so manche(r) ungeduldig oder gleichgültig oder auch gar nicht bis zum Ende gescrollt hat. Die Frage, ob ich hier so viele Bilder "zumuten" darf, ist kein Fishing for Widerspruch, ganz und gar nicht, die stand gestern und heute hemmend in mir. Als ich mich nämlich nicht entscheiden konnte. So ganz und gar nicht entscheiden konnte. Und kurz davor war, das Post deswegen ganz zu lassen.
Heute Morgen habe ich sie einfach weggeschoben, diese Frage, und mir gedacht, dass ich doch nicht den Tag damit verbringen werde, Dinge zu entscheiden, die ich hier und jetzt überhaupt nicht entscheiden kann. (Was für so vieles im Leben gilt, übrigens.)
So ist das mit den Entscheidungen. Und deswegen sind hier so viele Bilder. Wollte ich nur gesagt haben :)

16 Kommentare:

  1. Liebe Uta,
    ich kann das so gut verstehen, dass es dir schwer fällt, dich für einzelne Bilder zu entscheiden. Das geht mir oft ganz genauso, wenn ich überlege, was ich bei Flickr hochlade. Mir hat es gut gefallen, dich auf deinem morgendlichen Spaziergang zu begleiten. Letzten Freitag wollte ich nur mal eben in den Garten und erste Reif-auf-den-Pflanzen-Bilder machen und dann hat es mich immer weiter gezogen, bin ich ganz im Staunen über die Schönheit und ihr Fotografieren versunken. War dann unten in der Altstadt und erst 2 1/2 Stunden später wieder zuhause. Ein bisserl erforen, weil ich ja eigentlich nur mal schnell in den Garten wollte ... aber glücklich.

    Was das Wahrnehmen des Offensichtlichen angeht, ist halt unser Blick manchmal verstellt, würde ich sagen, z.B. durch Gedanken, Gefühle, die gerade sehr intensiv in uns sind. Und dann wieder wird der Blick auf einmal freier und weiter und wir nehmen mehr wahr.

    Liebe Grüße und wundervolle Herbstferien dir und deinen Lieben
    Constanze

    PS: Ich warte sehnsüchtig darauf, dass es dich auch endlich zu Flickr zieht und ich ein bisserl mehr zu einzelnen Bildern sagen kann.

    AntwortenLöschen
  2. Och, das darfst Du ruhig auch hier, das Sagen, meine ich :)
    Aber ja, es steht auf meiner Agenda. Sagte ich Dir das schon? Und wenn Du sogar "sehnsüchtig" wartest ;-), dann werde ich es ein wenig in der Liste nach vorne rücken. Da sind ja bald die "wundervollen Herbstferien" mit ein wenig mehr Zeit ... für so manches ...
    Liebsten Gruß Dir - fahrt Ihr denn in den Ferien weg? Dann würde ich mich ein wenig beeilen mit dem Schreiben, nämlich
    Uta

    AntwortenLöschen
  3. Schöne Bilder zum Mitspazieren. Nicht zu viele. Du hast uns ja alles andere vorbehalten ;-)

    Von mir auch schöne Herbstferien. Die unseren sind schon vorüber.

    Liebe Grüsse
    Maria

    AntwortenLöschen
  4. Mach dir bitte keinen Streß mit der Mail. In den Ferien gab es schon zu viele Urlauber, deshalb muss ich nächste Woche bis Donnerstag arbeiten und hab erst danach Urlaub (bin dafür dann aber mit Frei-Tagen fast 3 Wochen weg von der Arbeit *freu*). Da werde ich dann an meinen kinderfreien Tagen auch einen Kurztrip mit dem Liebsten machen.

    AntwortenLöschen
  5. Die Bilder sind wunderschön. Wie kann da auch nur eins zuviel sein?

    AntwortenLöschen
  6. @Maria:
    Wie: vorbehalten - wie meinst Du das?

    @Renate:
    Herzlich willkommen hier!

    AntwortenLöschen
  7. Wunderbar, Ihre Blder! Gerade in der Fülle!
    Danke dafür! Sie trägt einen gut, die Natur!

    Eine schöne Zeit!

    Liebe Grüße Luitgard

    AntwortenLöschen
  8. vor-ent-halten, ich hab das falsche Wort gewählt.

    Du hast uns alles andere, was es auch noch zu sehen gab, vorenthalten, weil Du es nicht abgelichtet und eingestellt hast. Bilder sind immer Selektion. Alles ist Selektion. Sprache auch. Aufnehmen auch. Auf beiden Seiten des Mitteilungskanals immer Filterung...

    AntwortenLöschen
  9. Ja, ständig wählt man einen Teil der Wirklichkeit aus - immerzu. Wirft die Frage auf: Was ist dann überhaupt Wirklichkeit, und was Wahrheit - wenn ich durch meine Auswahl zwar nicht lüge, oder doch?, aber es jedenfalls nicht DIE Wahrheit gibt, sondern immer nur MEINE Wahrheit. Oder ist das bei Wahrheit anders?
    Spannend ...

    AntwortenLöschen
  10. Über das Thema mit der Wahrheit und Wirklichkeit hab ich schon öfters mit meinem Freund diskutiert. Inzwischen denke ich, dass es zwar eine Wahrheit gibt, wir die aber unterschiedlich wahrnehmen, also jeder seine eigene Wirklichkeit hat. Lüge ist für mich was Vorsätzliches.

    Herbstsonnengrüße aus Bayern
    Constanze

    AntwortenLöschen
  11. Wirklichkeit ist gefühlte Wahrnehmung, also nichts Definiertes, sondern für jeden das, was er sieht, bzw. sehen will.

    Wahrheit. Das gibt es schon. Für alle gültig. Unumstösslich. Zum Beispiel, dass es in unserem Inneren einen unantastbaren Ort gibt.

    AntwortenLöschen
  12. WOW
    das eine foto erinnert mich an die aus meeresnebeln auftauchdende berühmte brücke vor san francisco....

    AntwortenLöschen
  13. @Maria und Constanze:
    Weiter wahrnehmen, weiter in mir wirken lassen werde ich diese Eure Gedanken - komme gerade erst aus der Schule, habe die heutige Herbstsonne verpasst und bin im Moment nur müde.
    Stimmt: Lüge ist vorsätzlich - damit hat es gewiss nichts zu tun.

    @Sonja:
    Danke für WOW ;-)
    Und weißt Du, dass ich gerade dieses Foto fast weglassen wollte, weil ich dachte, diese ollen Hochspannungsmasten ...

    AntwortenLöschen
  14. was für wunderschöne licht-bilder!

    (und wie schön ihr wohnt)

    danke fürs zeigen!

    mit liebem gruß

    AntwortenLöschen
  15. Liebe Uta,
    ich bin ja schon froh, wenn ich ein gutes Bild für ein Post hinbekomme. Von dieser Fülle an Bildern könnte ich ein halbes Jahr im Blog zehren.

    Ich bin sehr angetan von ihnen. Sie sind wunderschön und wecken seltsamerweise viele Erinnerungen.

    Und was die Wahrheit anbelangt, so wird es sie wohl nicht geben. Wenigstens nicht in der äußeren Welt, denn unsere Meinungen darüber sind alle fallibel. Doch das ist nicht weiter schlimm, denn bis zu einem gewissen Grad herrscht ja ein Konsens unter uns Menschen, gerade genug, damit wir so einigermaßen durchs Leben kommen.

    Liebe Grüße
    Herr M, der froh ist, über Gabriela hier vorbeigeschaut zu haben.

    AntwortenLöschen
  16. Dankeschön für die Blumen, lieber Herr M!
    Ist es denn seltsam, wenn diese Bilder Erinnerungen wecken - vielleicht tragen wir alle solche Seelenlandschaftssehnsüchte in uns - und kennen sie daher gut, auch wenn wir sie nicht vor unserer Haustür finden.
    Nun war ich eben bei Dir und habe dort auch schöne, sehnsuchtsweckende Bilder angeschaut. Ja, der Holunderbaum ist richtig an diesem Ort! Und Dampfnudeln und Zwetschgen lösen gerade eine ganz eigene Sehnsucht in der Magen- und Gaumengegend bei mir aus :)
    Lieben Gruß
    Uta

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.