Donnerstag, 18. März 2010

Vaterschuhe

"Soll ich nächste Woche einen Wagenheber mitbringen, einen echten? Dann können wir den vorführen, zeigen, wie er funktioniert", fragt mich F., während die Schüler kleine Vorträge zum Thema Druck vorbereiten. F.s Gruppe hat sich Hydraulische Anlagen ausgewählt.
"Ja, sehr gern ... aber sag mal: Darfst Du den denn überhaupt mitbringen? Wenn nicht, ist nicht schlimm, wir haben hier ein paar Modelle, die wären auch ganz geeignet, es zu erklären."
"Doch, klar darf ich. Gehört ja jetzt mir. Also: mein Vater braucht den nicht mehr. Die ganze Werkstatt ist meine, jetzt."

Klar, ich weiß es. Lungenkrebs, der Vater liegt im Sterben.

In den nächsten Tage sehe ich F. öfter auf dem Schulhof, blicke ihm nach. Immer allein geht er, mit einem Stück Pizza vom Schulkiosk in der Hand, zügig von einer Ecke des Hofes in die andere. Unablässig, scheinbar zielstrebig, und doch zu oft hin und her. Viel zu schnell, viel zu geradeaus, viel zu kontrolliert bewegt er sich. Nicht mehr wie ein 12jähriger. Wie verloren unter seinen Mitschülern. Einen Kopf größer ist er, und verloren in der Kinderschar.

So als liefe er in Vaterschuhen. Die ihm noch nicht passen.

3 Kommentare:

  1. Und doch geht er seinen Weg!
    Eine eindrückliche Beobachtung. Danke!
    Gabriela

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  2. wunderschön beobachtet und erzählt. ich kriege gänsehaut und wünsche dem jungen burschen die kraft, die er zum leben braucht!
    und dir ein weiterhin so offenes herz, um solche sachen wahrzunehmen und zu erzählen!
    liebgrüß, d.

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  3. du hast den jungen und die situation ergreifend beschrieben. traurig zusehen zu müssen und nicht helfen zu können.
    ganz liebe grüße
    ingrid

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