Donnerstag, 12. August 2010

Schwebe-Traurigkeit

Ein Gespräch: sanft-beharrliche Nachfrage nach dem Weinen des kleinen Mädchens, Angebot einer Tränenschale.
Und ich ziehe mich still zurück. Gehe.
Finde mich in einer großen, tiefen, umfassenden Traurigkeit wieder.

Eine, die meine Schritte verlangsamt, und nicht mich lähmt,
eine, die mich umhüllt, und nicht gefangen hält,
eine, die mich wärmt, und nicht frösteln macht,
eine, die mich behütet, und nicht einengt,
eine, die sanft zu mir spricht, und nicht verdammend,
eine, die schützend sich um mich legt, und nicht bedrohlich,
eine, die leise singt, und nicht tosend lärmt,
eine, die streichelnd tröstet, und nicht mich eng umklammert,
eine, die als Fluss, und nicht als Mauer mir erscheint,
eine, in der ich federweiche Geborgenheit finde, und nicht Verlorenheit erfahre,
eine, die mich mit mir verbindet, und nicht von mir entfernt,
eine, der mich zuzuwenden ich ersehne, und nicht vor ihr zu fliehen,
eine, die mich heilen, und nicht erneut verwunden wird,
eine, die einen Hauch von Glück in sich trägt, und nicht dieses in weite Ferne rückt,
eine, die liebend mich annimmt, nicht verurteilend wegstößt.

Sieh an:
dass es solche Traurigkeiten gibt!
Dass eine solche den Weg zu mir findet,
dass ich mich hinein fallen lasse,
dass ich es zulasse, mich in ihr zu bewegen!

Bewegen – das ist heute nicht fliegen, nicht tauchen, nicht laufen, nicht wanken, nicht gleiten – nein, all das ist es nicht.
Es ist ein Schweben, irgendwie. Ich schwebe. Es schwebt.
Schwebendes Sein in der Traurigkeit.

Und ich bin fast so etwas wie fassungslos.
Fassungslos – ohne Fassung, ohne altvertrauten Rahmen, ohne gewohntes Geländer,
schwebe ich in’s Freie hinaus …
Eine zaghafte Ahnung von Befreit-Sein …
Wer weiß, zu welchem Tor meine Schwebe-Traurigkeit mich führt ...
Ich lasse sie mich an die Hand nehmen ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.