Mittwoch, 19. August 2009

Ausmisten

Notentabellen, Sitzungsprotokolle, Gesprächsnotizen, Schülerbefragungen, Mailwechsel, Konferenztagesordnungen, Klassenlisten … Stapel von Papieren eines ganzen Jahres wandern in den Schredder. Das Jahr ist vorbei, die Papiere können weg – übrig ist ein Sack voller Lebenswegschnipsel.
(Dass ich sie ordentlich in die Mülltonne entsorge und nicht in alle Winde verstreue, liegt einzig daran, dass wir im sauberen Süddeutschland leben und man hier sowas nicht tut ;-)).



Was bleibt?
Sind sie jetzt „weg“, die Lebensweg-Bruchstücke, die ich gerade in den Aktenvernichter geschoben habe?
Nein, mitnichten. (Und nicht nur, weil sie – natürlich – in den dicken Schränken der Schule und auf diversen Festplatten aufbewahrt werden.) Nein – nichts ist „weg“. Nichts ist nichtig. Nichts ist vergangen.

All diese Bruchstücke, dieses „versetzt“ – „gemobbt“ – „zur Klassensprecherin gewählt“ – „Sprachenwahl bewilligt“ – „Eltern informiert“ – „von der Schule abgemeldet“ – „verwarnt“ – „Schulartwechsel empfohlen“ – „belobigt“ – all diese Beurteilungen, jede einzelne Entscheidung, alle geschredderten Noten werden zu Bausteinen von Lebenswegen werden. Nichts von dem ist weg. Alles, jeder einzelne Schnipsel wird nachwirken, mehr oder weniger bedeutsam sein. Wird zukünftiges Leben lenken, beeinflussen, durchwehen. Wird Teil eines Fundaments sein, auf dem Erfolg oder Versagen, Zufriedenheit oder Verzweiflung, Glück oder Unglück wachsen wird. --- Kommt mir so in den Sinn, während ich Blatt für Blatt der Maschine anvertraue.

Ach – und ich dachte schon …
… dachte, ich könnte bei meinen Dingen auch mal so ausmisten, so gründlich zerreißen, wegwerfen, schreddern;
… dachte, ich könnte Lebensweg-Bruchstücke, unliebsame und schmerzende, verschwinden lassen. Ausmisten eben.

Nein, nein, das geht wohl doch nicht. --- Alles bleibt, für immer. Als Baustein und Fundament für Künftiges. --- So wie bei den geschredderten Papieren.

1 Kommentar:

  1. Schön und traurig zugleich, dass es so ist, das alles in uns ist. Was man aus dem Erlebten, aus den Beurteilungen macht, das liegt dann, irgendwie in den eigenen Händen und irgendwie auch wieder nicht. Je nach Perönlichkeit kann der eine besser als der andere damit umgehen, mit all den Altlasten in uns drinn.
    Liebe Grüsse, Allerleirauh

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