Freitag, 4. Dezember 2009

Vision

Soeben im Computerarbeitsraum der Schule. Sechs Kollegen arbeiten (oder bloggen ;-)) emsig vor sich hin.
Eine lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und sagt ganz ernst in die Stille hinein: "Meint ihr, es kommt einmal der Tag, an dem wir nur noch Klassen mit 20 Schülern haben?"
"Ha", prustet es aus fünf Mündern gleichzeitig los.
"Na gut", sagt die eine entschuldigend, "man darf doch mal 'ne Vision haben ..."

Ja, darf man.

3 Kommentare:

  1. liebe uta,

    ich glaube, ich lebe ein stück weit meinen visionen entgegen.
    ich habe von vielen dingen ein "ideal", selbst wenn die realität noch ganz woanders steht.

    und bei unserem 5. klässler sind nur 25 kinder in der klasse, als er noch die grundschule besuchte, waren es 19.
    jetzt kommen bald die geburtenschwachen jahrgänge....wer weiß, ob die vision nicht bald auch bei euch wirklichkeit wird.

    einen schönen abend wünscht dir heike

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  2. Liebe Heike,

    und sogar noch weiter würde ich gehen: ohne solche Visionen wäre manchmal schwer sein. Oder?

    Nur sind die Zustände im Schulsystem gerade nicht der Bereich, wo man sich allzu viel Hoffnung auf baldige Erfüllung seiner Visionen machen sollte, so traurig das klingt.

    Die Vision "20 Schüler pro Klasse" hieße ja anderthalb mal so viel Lehrer, Räume ... und wer soll das bezahlen ?!?! Ihr habt da riesiges Glück bei Eurem Sohn. (Wie geht's dem eigentlich jetzt in der Schule? Wollte ich schon lange mal fragen.)
    Bei uns sind es drei.und.drei.ßig in der Klasse. Mein Fachraum hat nur 32 Plätze, aber die Schüler und ich sind ja flexibel und einfallsreich, damit keiner seine Klassenarbeit auf den Knien schreiben muss :(
    Und zwar weil hier drei Schulen mit sich überschneidendem Einzugsgebiet zusammengerechnet werden, man zählt die Anmeldungen, und dann wird entschieden, wie viele Klassen insgesamt eröffnet werden, wie viele an welcher Schule - dann gibt es überall nur maximal volle Klassen, nicht etwa an drei Schulen bequeme Mittzwanziger-Klassen, sondern überall nur Dreißiger.
    Und wenn die geburtenschwachen Jahrgänge kommen, werden statt jetzt 10 eben nur 6 Klassen in unserem Einzugsbereich benötigt, aber die sind dann auch wieder proppevoll.
    Einziger Trost: Unsere derzeit 900 Quadratmeter zu wenig Schulfläche (es gibt da Standards) werden sich reduzieren: unsere Schule wird nicht mehr 7 Klassen auslagern müssen in die Sporthalle, in die Grundschule, in die Hauptschule im Nachbardorf und wo wir sonst noch alles unterrichten. (Vorteil: Du bleibst als Lehrer sportlich, wenn Du zwischen zwei Stunden an die 500-1000 Meter sprintend zurücklegen musst ...)
    Und vielleicht (aber nur vielleicht) werde ich dann auch nicht mehr in Räumen unterrichten müssen, wo es so eng ist, dass ich unter den Tischen durchkrabbeln müsste, um in die hintere Reihe zu gelangen (nein, das tue ich bei aller Liebe zum Beruf nicht; ich schwinge mich auch nicht über die Schülertische im kühnen Sprung) - vielleicht erlebe ich dann endlich wieder die Bewegungsfreiheit eines Mittelganges im Klassenzimmer :))

    Und, Heike, das ist jetzt hier keine satirische Übertreibung - das ist die Wahrheit. Ich könnte sie "bitter" nennen, aber was würde mir das bringen?

    Ich verstehe "Vision" wohl eher als etwas Inneres: dass ich mir bei aller Enge des Gerüsts (und das Schulsystem ist ein verdammt enges Gerüst) die Enge nicht zu eigen mache, mir die Freiheit des Handelns bewahre, auch wenn die äußeren Gelegenheiten dies zu begrenzen scheinen - im Innern will ich meine Visionen und meine Freiheit behalten.
    Da kann das Bildungssystem bleiben wo es ist ... ich bin trotzdem glücklich in meinem Beruf. Und ich habe Visionen, was ich dort will ...

    Nun ist es so spät geworden, dass ich Dir lieber einen Guten Morgen wünsche (als eine Gute Nacht)
    Uta

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  3. Könnte es sein, daß sowohl Lehrer als auch Eltern zu ängstlich sind, Änderungen, von denen nach Pisa vollmudig geredet wurde, auch einzufordern?
    Ich kann mich immer nur wundern, WIE passiv z.b. gerade Eltern sind.
    Sie erinnern mich immer an das Kaninchen vor der Schlange - die eigene Schulzeit scheint nie vorbeizugehen.

    Ganz anders ist es da in Frankreich (zumindest was den Willen zum Protest angeht).

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