Montag, 10. Mai 2010

Wie man schaut ...



Unerwartet trifft es mich – ein großes Fenster voll hellstem Grün, eine riesiges Licht in satt-leuchtender Farbe – unerwartet fällt mein Blick darauf, als ich aus der Dusche trete.
Ist das zu fassen, dass wir so viel Grün vor unserem Fenster haben?
Stehen da gegenüber nicht Häuser?
Und dass es bei dem trüben Wetter so unglaublich leuchtet …
Wieso habe ich dies noch nie wahrgenommen?
Ungläubig, staunend, in frohe Seelenwachheit versetzt, kann ich den Blick nicht losreißen von diesem belebenden Grün.

Trockne mich ab und gehe die Schritte auf das Fenster zu. Um noch näher zu sein.
Doch von hier … was sehe ich? … ein Dach neben dem anderen, Autos, Straße, Pflaster, Beton.
Das Grünfleckchen als Winzigkeit dazwischen versteckt, in den Hintergrund gerückt, wahrlich nicht mehr groß, nicht mehr strahlend, nicht mehr belebend … wie verschwunden, was ich eben sah. Auch das unglaublich …



Kehre nachdenklich ins Bad zurück, als wäre ich einer Illusion aufgesessen. Drehe mich um, nun schon suchend, nun schon mit schärferem (Brillen)Blick – da ist es wieder, das grüne Lichtfenster … (Gott sei Dank, möchte ich fast ausrufen.)




Ja, man darf nicht zu nah heran gehen, muss aus angemessener Ferne schauen. Die Dinge werden erst aus der Distanz groß. Wie so oft muss man den rechten Ort suchen, den rechten Blick. Wie so oft kommt es darauf an, wie man schaut …

Ist das am Ende die wahre Lebenskunst – seinen eigenen Blick zu lehren, zu den Dingen in die rechte Distanz zu gehen? Damit die Dinge sich uns als belebende, als nährende schenken …


*** Themenwechsel ***

Wie gut, dass ich diesen Grünblick so intensiv in mir tragen durfte, durch meinen heutigen Tag.
Durch einen Tag, dem eine einstündige Nacht vorausgegangen war – den Rest der Zeit versuchten wir, die wimmernde und müdigkeitsschwankende Tochter zu beruhigen und in den Schlaf zu bringen.
Der daher am Morgen mit einem Kinderarztbesuch begann.
An dem ich mich später vier Unterrichtsstunden lang mit immer überdrehterem Auftreten selbst aufputschen musste.
An dessen Nachmittag ich schlafwandlerähnlich durch die Stunden mit ihren Aufgaben wankte.
An dem ich sogar noch versuchte, meinen Zeitrückstand im Korrekturplan etwas zu verkleinern.
An dem mir innerhalb weniger Minuten drei nächste-Woche-Termine auf den Tisch flatterten, die mich fast laut schreien ließen. (Denn zwischen Abitur-Abgabe am Montag und Urlaubs-Start am Freitag ist es mit Tochtergeburtstag, ganztägiger Pflichtfortbildung und Kofferpacken eigentlich schon voll genug. Dazu hätte es keines neuerlichen Kinderarztbesuches, keines Klaviervorspiels des Sohnes und keiner Buchvorstellung in der Schule – zu der alle anderen Eltern doch auch kommen!!! – mehr bedurft.)

An einem solchen Tag kann einen dieser Grünblick tragen. Ja – ich habe ihn immer wieder in mir wachgerufen. Wie groß es war, dieses Grün!
Grünlichtblick ...

***

Und jetzt – statt hier weiter zu jammern und zu philosophieren – gehe ich besser schlafen - oder korrigieren? - nein: schlafen. Jetzt. Auf der Stelle. Bevor die Tochter wieder aufwacht ...

1 Kommentar:

  1. wellen
    turbulenzen
    glätten sich,
    wenn es an der zeit ist.
    das grün-sehen wie eine art
    ruhigbleibarznei!?
    gruß von sonia

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