Dienstag, 19. August 2014

Tag 11: Hohenwutzen - Gartz


ist ja klar, dass niemand diese Ortsnamen kennt, doch was soll ich machen: größere, bekanntere Orte gibt es hier nicht --- und sowieso: in diesen Dörfern ist‘s am besten zu bleiben (so meine Sichtweise – der Sohn hätte lieber abends immer ne Stadt um sich, vorzugsweise Großstadt, und auch der Fluss dürfte – aus der Sicht eines 12jährigen – ruhig etwas weniger naturbelassen sein)
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kurz nach dem Start zeigen Schilder in Richtung Oderberg: wieder Erinnerungen, wieder erzähle ich – hier mussten wir vor Studienbeginn drei Wochen lang in die Kartoffelernte (ohne Ernte kein Studium), was bestimmt nicht die lustigste Zeit meines Lebens war, trotzdem fallen mir ein paar Geschichten von der Kartoffelsortiermaschine ein, über die der Sohn sich schlapplacht
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erstmals haben wir heute über viele Kilometer richtig schiebenden Rückenwind – wir fliegen! --- dafür kommen uns lauter schlecht gelaunte, verbiestert überm Fahrradlenker hängende Leute entgegen --- ich sage zum Sohn, dass wir uns doch an unseren Gegenwindtagen vergleichsweise gut gehalten hätten, wir hätten immer noch gelacht – darauf er: „Nee, DU hast gelacht. Und ich war voll genervt, dass Du immer gelacht hast.“
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hier im Naturpark Unteres Odertal ein verändertes Bild: die Flussarme und –ärmchen wirken wie eine Seenlandschaft, die Umgebung wird uckermärkisch hügelig, und auf unseren letzten Kilometern bietet sich uns eine atemberaubende Kulisse aus Sonne und Gewittern in der Ferne
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für den Sohn endet die Fahrradreise hier – nicht weil ihm die Landschaft zu naturbelassen ist:), sondern weil die Tochter nun auch mal will, und so war es vorher ausgemacht, dass die letzten fünf Tage der Tour ihre sein sollen --- der Papa hat eine Ferienwohnung an der Ostsee und ist so lieb, das eine Kind zu bringen und das andere zu holen, samt Fahrrad und zugehörigem Geraffel --- „mit einem weinenden und einem lachenden Auge“, sagt der Sohn, fährt er die letzten Kilometer, im Gespräch schon die Tourpläne für nächsten Sommer erörternd (aber die verraten wir noch nicht) --- als wir vor der Pension stehen, zeigt sein Kilometerzähler 777,55 – was für eine tolle Zahl! – und weil die anderen eh noch nicht da sind, fahren wir noch schnell eine kleine Runde zur Kirche und zurück und schieben das Rad auf den Hof, als es genau die 777,77 zeigt --- und noch ein Zufall: nach dem Foto, mit dem ich diese Zahl festhalte, ist die Speicherkarte voll
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Bruder und Schwester führen Übergabegespräche: er gibt ihr Tipps zum Umgang mit mir in den verschiedensten Situationen des Radreisens --- gern wäre ich bei diesen Gesprächen ja Mäuschen gewesen:)
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die Tochter ist vor dem Einschlafen ganz aufgeregt, weil sie gar nicht weiß, wie das mit dem Radfahren morgen geht – ich lese ihr aus der Tagebuchkladde von unserer ersten Zweitagestour im Juni vor, sie erinnert sich Stück für Stück und schläft dann ganz beruhigt ein, weil sie es ja doch schon ein bisschen weiß --- und auch ich werde erst schauen müssen, welches Tempo, welche Menge … und habe für ihren ersten Tag ganz genau herausgesucht, wie die Strecke und der Wind ist (beides etwas weniger gutmütig als heute) und nach einer gemäßigt kurzen Etappe schon einen Bauernhof zum Bleiben gefunden

2 Kommentare:

  1. Ach, es ist prima, wie Sie das alles machen, mit Sohn, Tochter und Papa.
    Und schön geschrieben.

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  2. Besonders nett die Beschreibung der knatschigen Gegenwindleute :-)

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