Donnerstag, 25. Februar 2010

Gestern so

Immer dieser Mittwoch. Ich falle um vor Erschöpfung nach 8 Schulstunden ohne Päuschen oder gar Pause, ohne Innehaltminute und Coffee-to-sit. Ich schleppe mich und meine Tasche zur S-Bahn und vom Bahnhof den Berg zu uns hoch. Ich falle auf dem geplanten Weg ins Bett als Zwischenstopp aufs Sofa im Wohnzimmer, von wo mich die Kinder alsbald wieder hochtreiben :( – und ich bemühe mich die restlichen Stunden des Nachmittags redlich, in der Senkrechten zu bleiben. Abends will nix mehr gehen am Schreibtisch. Auch kein kurzes Blogtextchen. Daher erst heute mein Aufwühlerlebnis von gestern.

Seit Wochen haben wir in der Schule Overhead-Sabotage. Die Projektoren werden manipuliert, serienweise. So dass beim Einschalten ein bestimmtes Teil zerstört wird und die Sicherung rausfliegt. Bis zu 10 Stück am Tag. Reparatur kostet Zeit und nicht wenige Euronen (selbst ohne Kundendienst: wir können's inzwischen selber, ist ja immer das Gleiche).
Seither halten wir alle Projektoren der Schule unter Verschluss, was einen Riesenaufwand bedeutet (verändertes Aufsichtssystem und so). Die Schule hat Anzeige gegen Unbekannt erstattet, Kripo im Haus. Ausführliche Gespräche in allen Klassen. Kein Resultat, kein wirklich enger Verdächtigtenkreis. Wir schließen die Dinger weiterhin weg. Manchmal entgeht uns einer.

Gestern war es bei mir so weit. Ich lasse Schüler einen holen, sie rollen den Projektor in die Klasse, die Klasse tuschelt („Ist das wieder der?“). Ich bin nicht wach genug aufzuhorchen. Auch nicht als ich bemerke, dass alles verstellt ist. Ich bekomme den Spiegel kaum nach oben geschraubt. Die Schüler warnen mich (wissend?): „Vorsicht, wenn Sie da jetzt ziehen, rutscht die Stange raus.“ Ich werde immer noch nicht hellhörig. Schalte ein und – peng. Mal wieder.

Erst der unaufgeforderte Schülerkommentar macht mich stutzig: „Na was denn, wenn Schüler das hinbekommen, dann kann es für die Lehrer ja wohl nicht so schwer sein, das zu durchschauen und wieder zu reparieren. Also echt ma, das iss ja nu nich so kompliziert. Der Herr X kann das, bestimmt, und da unten in der Werkstatt, da gibt’s doch alles, was man braucht …
--- Ich glaube, ich traue meinen Ohren nicht. ---
Auch nicht, als nach der Stunde ein Schüler mir lang und breit erklären will, aus welchem Raum sie den geholt haben und wer da vorher alles drin war und dass er aber in der 3. Stunde noch ging.
(„Hattet ihr da genau diesen Projektor?“ – „Nee, warum?“ – „Woher weißt du, dass der in der 3. noch funktionierte?“ – „Ach so, ähm, das hat mir einer gesagt.“ – „Wer?“ – „Einer aus der 12.“ – „Wer??“ – "Weiß nicht mehr genau." - "Wer???" - „X.Y.“ – „Wieso habt ihr überhaupt drüber gesprochen?“ - … - „Wieso weiß der das?“ - …)
Und als ich in dem Moment im Hintergrund wahrnehme, wie zwei andere Schüler die Scheibe hochgeklappt haben und im Innern des Projektors herumwühlen, sachkundig besprechen, dass es an dem Teil jetzt aber nicht gelegen haben kann - da fühle ich mich wie im falschen Film.
Ich kann mich darum jetzt nicht kümmern, schiebe das Tatobjekt mit ner Eilnotiz ins Sekretariat und muss in die nächste Stunde rennen (30 Sekunden und 500 Meter bis zum Klingeln).

Mein Bauch sagt: Die wissen was. Wenn schon nicht als Täter – sie sind Eingeweihte. Sagt mein Bauch, nur der.
Und was jetzt? Soll ich mir den Schuh anziehen? Mein Bauchgefühl vor Schulleitung, Kripo und Klassenlehrer ausbreiten? Wieder Gesprächslawine in Gang setzen? Mich selbst als Spürhündin betätigen?
Nicht gerade mein Traumjob – ich habe andere berufliche Baustellen, dringendere, wichtigere. Ich habe keine Zeitreserven. Will sie, genau genommen, für sowas auch gar nicht haben. Mir reichen meine Unterschriften- und Notenfälschungen, das ist Detektivarbeit genug. Nervig, lästig vor allem die im Hintergrund lauernden Anwaltsarmeen der Elternschaft: Bloß nicht den Hauch einer falschen Verdächtigung wagen – dann ist die Klage im Haus (Tatsache hier, leider). Ich bin genervt.

Und doch: es lässt mich nicht los. Ich kann mich nicht so einfach rausziehen. Wegen dieses Bauchgefühls eben. Und weil mich schockt, dass da keinerlei Unrechtsbewusstsein ist bei den Schülern. Keinerlei.
(Es ist nicht meine Klasse. Der Fall wäre Klassenleitergeschäft. Aber weil die einen Klassenlehrer haben, der in der Sache nichts unternehmen wird – das weiß ich – deswegen fällt es mir noch schwerer, mich nicht reinzuhängen. Ich bin komplett unentschlossen, was ich tun soll.)

5 Kommentare:

  1. mit dem personalrat deine ungutgefühle, zeitmangel, merkwürdige zustände- alles eben- besprechen?

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  2. Na und dann??? Wir sitzen irgendwie alle im gleichen Boot. Sind ein sehr kollegiales Kollegium (äm: weißer Schimmel ;-)? ) Vertrauensvolle Gespräche sind möglich, auch mit der Schulleitung, das ist es nicht. Mit dem einen Kollegen, das ist speziell, aber auch nicht unkollegial. Nicht für hier zum Erklären.
    Aber Du hast Recht: besprechen mit irgendwem. Gedankenkreisen im Dialog sortieren ...

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  3. Mit Kollegen besprechen und dann würde ich dem Hausmeister mal nen Tipp geben. ;-)

    Liebe Grüße

    Cat

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  4. Och, ich habe gerade daran gedacht, dass es im Grunde doch Schuelerstreiche sind. Wenn ihr nicht soooooooo danach suchen wuerdet, wuerde es keinen Spass mehr machen. Noch in der 11.Klasse haben wir unseren Chemielehrer damit komplett geaergert und hatten auch kein Unrechtsbewusstsein, man ist halt Schueler.
    Uebrigens hab ich die Klausurzulassung doch noch bekommen, ob ich sie geschafft habe, weiß ich noch nicht.
    Brauchst du den Projektor eigentlich oft?

    Gruß
    Pia

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  5. @Pia:
    Naja - Schülerstreiche wären es, wenn der reine Sachschaden inzwischen nicht 4stellig wäre, nur die Ersatzteile. Unsere und der Hausmeister ständige Reparaturzeit noch nicht eingerechnet. Und die Tränen der Referendare, deren Unterrichtsbesuche in Chaos und mit Verschiebung endeten.
    --- Nicht suchen hieße: alle OHPs sind kaputt, wir arbeiten fortan ohne. Kreide und Tafel halt ;-)
    Ich benutze ihn übrigens häufig, etwa jede zweite Stunde. Warum?
    Apropos Unrechtsbewusstsein: Früher bei uns hieß das doch "Beschädigung von Volkseigentum" - meine Erstklasslehrerin warf damit immer um sich, wenn wir kippelten zum Beispiel ;-)
    Glückwunsch zur Klausurzulassung - hoffentlich hat's Erfolg gebracht?

    @Cat: grübel - welchen Tipp soll ich den Hausmeistern geben? versteh nicht ganz ...

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