Montag, 11. Januar 2010

Erinnerungsmomente

Ein Tag voll mit kurzen Gedankenreisen in die Vergangenheit.


Die erste: vergebens. Noch nie nämlich, seit wir hier wohnen, konnten wir unsere Kinder auf dem Schlitten über die Felder ziehen. Noch nie. Das war ein ganz besonderer Ausflug heute.


Noch nie (oder: lang lang ist's her) sahen wir unsere Landschaft in diesem stillen Gewand.


Noch nie bot unser Dorf einen solch weißen Anblick.


Der Blick durch die kahlen Bäume auf ein altes Gemäuer, aus dem unsichtbar Musik ertönt, lässt meine Gedanken in jenen Tag reisen, der doch noch keine zwei Monate her ist, irgendwie ...


Und hier scheinen mir noch die violetten Blumen am Wegesrand zu stehen, deren Namen ich vergessen habe. Auch das ist noch kein halbes Jahr her, oder?


Und irgendwie landet unser Weg-Gespräch bei der Mütze der Tochter und ihrer Geschichte. Ich erzähle, wann und wo ich sie vor über 5 Jahren gekauft habe - in Berlin, an besonderem Orte, mit besonderem Besuch. Für den Sohn natürlich.
Die Tochter: "Und wo war ich da?" Ich sage: "Du warst noch nicht bei uns." Das beschäftigt sie sehr. "Da gab es mich noch nicht, als es die Mütze schon gab." - für sie unvorstellbar. Für mich auch.


Der Tag endet mit einem weiteren Rückblick. Als wir abends - ohne Kinder schon - einen Film, eine DVD schauen (ein äußerst seltenes Ereignis in unserem fernsehfreien Haushalt), erinnern wir uns, genau heute vor 10 Jahren im Kino gewesen zu sein, in Berlin. Es war in meinem ersten Referendariatsmonat, ich litt unter der Umstellung vom freien Studentenleben zum "geregelten" Berufsalltag. An jenem Tag wählten wir dennoch die Spätvorstellung, weil wir unbedingt diesen einen Film schauen wollten. Auch wenn am nächsten Morgen der Wecker klingelte.
Es ist mir eindrücklich in Erinnerung geblieben: außer uns waren anscheinend nur Studenten im Kino, ich fühlte mich wie verloren mitten darin. Im Groll über meine verlorene Freiheit konnte ich beim Anblick all dieser abendlichen Sorglosigkeit nur boshaft denken: "Was wisst ihr denn schon vom Leben ..." - Denn: wer so spät abends noch ins Kino geht, der kann in der Lebensrealität noch nicht angekommen sein - das waren meine Empfindungen.
Mir raubte der Gedanke an den Wecker fast den Atem, verkörperte er doch das mir nun bevorstehende stete Gebundensein an äußerliche Notwendigkeiten. Mir ging es schlecht, damals. Ich brauchte lange, um "anzukommen" im neuen Lebenszustand.

Heute musste ich schmunzeln, als ich mich an diesen Kinobesuch mit allem, was er in mir auslöste, erinnerte. Wie anders geht es mir heute. Natürlich werde ich morgen (äm: nachher :)) nicht juchzen, wenn der Wecker um 5.30 läutet. Aber da ist kein Groll, keine Bitterkeit dabei. Es liegt mir nicht wie ein Stein im Magen, morgen früh wieder starten zu müssen.
Es ist einfach nur verdammt früh. Aber sonst wird er gut sein, der morgige Tag.

2 Kommentare:

  1. Die Blume war, so weit ich mich erinnere, ein blauer Storchenschnabel. Ich mag mich an die Stelle noch erinnern!
    Schöne Bilder!

    Lieben Gruss
    Gabriela

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  2. Du sagtest, es seien Blumen vom Grab. Und dass Du sie noch nie in "freier Wildbahn" gesehen hättest.
    Im nächsten Frühjahr / Sommer werde ich nachschauen, ob sie dort wieder stehen.
    Herzlichen Gruß
    Uta

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